2-01 Stratigraphie – Übersicht
Sinngleiche und verwandte Begriffe
Schicht(en)beschreibung, Schichtenkunde.
Ziel
Versuch, „unter Heranziehung der Lagerungsverhältnisse sowie des Fossil- und Gesteinsinhaltes, die relative Alterfolge der einzelnen Gesteinsserien zu ermitteln“.[1]
Grundlagen
Der außergewöhnlich differenzierte Aufbau der Erdkruste mit einem hohen Anteil an fossilführenden Sedimentgesteinen in Verbindung mit einer ausgeprägten Topographie (Aufschlussverhältnisse).
Vorgehensweise
1. Beobachtung: Beschreibung (Erfassung, Aufnahme) und Aufbereitung von Gelände- oder Bohrdaten.
2. Interpretation: Gliederung der Schichtenfolge; Deutung der Bildung einzelner Komponenten sowie gesamthaft der Schichtenfolge; Paläogeographie.
3. Interpretation: Erstellung lokaler, regionaler und globaler stratigraphischer Chronologien (Tabellen), insbesondere durch Leitfossilien; Anwendung zeitlicher Abstraktion. 4. Interpretation: Konzept der geologischen Zeit, Konzept der Evolution (Entwicklung des Organismenreiches), Konzept der Erd- und Lebensgeschichte (historische Geologie). In der Praxis sind die Punkte 1 bis 4 sehr miteinander verwoben. Selbst Beschreibung und Terminologie sind nicht frei von Interpretation.
Basisannahme(n)
1. Gültigkeit des „Lagerungsgesetzes“ (bei ungestörten Lagerungsverhältnissen).
2. Das Vorliegen von (isochronen) Zeitmarken einerseits und ihre Korrelierbarkeit andererseits (als Grundlage zum Aufbau einer überregionalen Stratigraphie).
Historie
STENO (1669), WERNER (1787), SMITH (1817), WALTHER (1893-1894).
Anwendung
Geologie, Archäologie (Prinzip).
Angabe/Größenordnung der Ergebnisse Im Verhältnis zu den unterlagernden bzw. überlagernden Einheiten, z. B.:
– präkambrische oder devonische oder pleistozäne Ablagerungen
– Polygnathus costatus partitus-Zone, Eifel-Stufe (Devon), Eifel
– Hochheim-Formation (ehemals Mittlere Cerithien-Schichten), Oberoligozän (Tertiär), Oberrheingraben
Altersbestimmungverfahren Unabhängig, relativ.
Eichung
Die internationale (chrono)stratigraphische Tabelle (-> 2-02) sowie regionale und nationale Tabellen erhalten auf Basis ermittelter Isotopenalter an Gesteinen und Mineralien bekannter stratigraphischer Einstufung ihr numerisches (i. d. R. radiometrisch-begründetes) Zeitgerüst (-> 2-03, 4-01).
Gültigkeit
a) Relative Altersbestimmung
Gegeben. Zum Aufbau einer regionalen und überregionalen Stratigraphie müssen die Basisannahmen erfüllt sein.
b) Absolute Altersbestimmung
Nicht zutreffend.
Grenzen
Für die Historische Geologie ist die Zeit-relative (hochabstrahierte) stratigraphische Tabelle Werk und Instrument zugleich mit dem Anspruch, die „Grundlage für die Rekonstruktion der Geschichte der Erde und des Lebens zu bilden“[2]. – Doch de facto ist die Urkundenlage in signifikanten Bereichen sehr lückenhaft (Festlandsgebiete, Fossilüberlieferung, alte Ozeanböden etc.), sodass die Grundlagen für eine umfassende Rekonstruktion nicht oder nur einschränkend gegeben sind. In der Hauptsache wird die Geschichte (Entwicklung) von Sedimentbecken (Sedimentdepots) geschrieben.
Literatur
MURAWSKI H & MEYER W (2010) Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Heidelberg.
SMITH W (1817) Stratigraphical system of organized fossils, with reference to the specimens of the original geo-logical collection in the British Museum explaining their state of preservation and their use in identifying the British strata. London.
STENO N (1669) De solido intra solidum naturaliter contento dissertationis prodromus. Florenz. Dtsch. Übers. (1923): Vorläufige Mitteilung einer Dissertation über feste Körper, die auf natürliche Weise in andere feste Körper eingeschlossen sind. Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Bd. 209.
WALTHER J (1893-1894) Einleitung in die Geologie als historische Wissenschaft. Bd. 1-3, Jena.
WERNER AG (1787) Kurze Klassifikation und Beschreibung der verschiedenen Gebirgsarten. Dresden.
-> = Verweis auf andere Beiträge: ->2-20, 2-21, 2-22, 2-32, 2-35, 2-36, 2-41.
[1] MURAWSKI & MEYER (2010, 6).
[2] MURAWSKI & MEYER (2010, 159).