Dreißig Jahre Arbeitsgruppe für biblische Archäologie (ABA)

Dreißig Jahre Arbeitsgruppe für biblische Archäologie (ABA)

Am 4.–6. Oktober 2024 fand unsere diesjährige Archäologie-Tagung zum Thema Inschriften aus biblischer Zeit statt. Die Tagung, an der etwa 90 Präsenzgäste und 30 Zoom-Gäste teilnahmen, war zugleich unser 30-jähriges Jubiläum. Tatsächlich fand die erste Archäologie-Tagung von Wort und Wissen (damals noch als „Fachtagung für Archäologie und Geschichte“) vor 30 Jahren mit etwa 30 Teilnehmern im Seminarhaus der Studiengemeinschaft in Röt im Schwarzwald statt. Als Hauptreferent hatten wir damals den Ägyptologen David Rohl eingeladen, mit dem ich bereits seit mehr als zehn Jahren zusammengearbeitet hatte.
Schon bei der ersten Tagung lag der Fokus deutlich auf chronologischen Fragen aus der biblischen Archäologie. Kein Wunder – denn chronologische Fragen begeisterten mich bereits seit meiner Jugendzeit und ich hatte schon enge Kontakte zu Kollegen in England, als ich 19 Jahre alt war (mit der Society for Interdisciplinary Studies, wozu auch mein späterer Doktorvater John Bimson und Peter James und David Rohl gehörten).

Abb.1: Besucher Ruthild Eicker und ihr Mann Michael Grothe mit Peter van der Veen vor dem Rollup der Arbeitsgruppe ABA während der diesjährigen Tagung im Schönblick (Bild M. Grothe).

Auf der ersten Tagung im Sommer 1994 durfte ich auch Uwe Zerbst kennen lernen, der damals einen Vortrag zu radiometrischer Datierung hielt. Uwe und ich haben seitdem zusammen die Tagung geleitet. Wir haben auch gemeinsam mehrere Bücher und Artikel veröffentlicht, die inhaltlich dieser Arbeit entstammen. 2002 erschien der erste Sammelband Biblische Archäologie am Scheideweg? Für und Wider einer Neudatierung archäologischer Epochen im alttestamentlichen Palästina. Darin haben wir versucht, die von David Rohl favorisierte Chronologie im Licht neuerer Forschung kritisch auszuwerten. Dieses gemeinsame Projekt sollte die Richtung unserer Archäologie-Arbeit für die nächsten Jahre prägen. Denn obwohl wir heute immer noch der Meinung sind, dass die archäologische Chronologie des zweiten vorchristlichen Jahrtausends einer Revision bedarf, stellte sich doch heraus, dass Rohls Ansatz zu radikal war. Mithilfe unserer Arbeit (und der Zusammenarbeit mit vielen Kollegen u. a. aus England, Amerika und Israel) sollte ein internationales Forum entstehen (die sog. BICANE-Gruppe = Bronze to Iron Age Chronology of the Ancient Near East), in der Grundsatzfragen zur Zuverlässigkeit der Datierung alter vorderasiatischer Kulturen ausgewogen geprüft werden inzwischen arbeiten wir an der Fertigstellung des zweiten Tagungsbandes, der voraussichtlich 2025 erscheint).
Nun sollte die Chronologie nicht die einzige Fragestellung bleiben, womit wir uns beschäftigen würden. Geprägt von meiner eigenen Forschung im Bereich der Datierung von beschrifteten Siegeln aus Israel und Jordanien (dem Thema meiner Doktorarbeit für die Uni Bristol, Abschluss 2005) und Habilitationsarbeit (Universität Mainz, Abschluss 2018), haben wir uns wiederholt mit Inschriften aus der Levante beschäftigt, die für die Erforschung der biblischen Welt wichtig sind. Nachdem wir 1997 unseren Tagungsstandort nach Tübingen (Albrecht-Bengel-Haus) verlegt hatten, kamen neue Kollegen zur Arbeit dazu, wie z. B. Professor Martin Heide, der sich in der folgenden Zeit (u. a.) mit beschrifteten Scherben aus dem eisenzeitlichen Israel beschäftigte. Auch der bekannte evangelikale Altorientalist Professor Alan Millard hat wiederholt bei uns Vorträge gehalten und uns auch bei der pigraphischen Arbeit beraten. Da der Wechsel nach Tübingen unsere Erwartung, in einer Universitätsstadt die Nähe zu Studenten zu haben, nicht erfüllte, entschlossen wir uns 2005 nach Schwäbisch Gmünd (Christliches Gästezentrum Württemberg, Schönblick) zu wechseln.
Der größte Durchbruch gelang dort ab 2007, da seitdem jährlich über 100 Gäste (Studenten, Lehrer, Fachleute und interessierte Laien) teilnahmen. Auch waren wir seitdem in der Lage, international renommierte Fachleute einzuladen, wodurch unsere Arbeit bekannter wurde. Inzwischen hat die Studiengemeinschaft etwa sechs Studenten aus archäologisch verwandten Fachbereichen finanziell während ihres Doktoratsstudiums unterstützt. Ich selbst hatte bereits zwischen 1999 und 2002 ein Stipendium für meine Doktorarbeit bekommen, bis ich dann im April 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Studiengemeinschaft angestellt wurde. Zudem betreuen wir als Arbeitsgruppe seit vielen Jahren zwei archäologische Dauerausstellungen, im Schönblick (mit dem Ausstellungskatalog „Von Ur bis Nazareth“) und im Bibelmuseum Wuppertal („Zuhause und in der Fremde“) zu den Reisestationen der Erzväter. Auch haben wir an Grabungen in Israel teilgenommen (z. B. in Ramat Rahel) und eine Vorgrabung in Ost-Jerusalem angefangen, wo wir nach Überresten aus der Zeit Salomos und der späteren Königszeit suchen. Eine Teilnehmerin hat bei der diesjährigen Tagung zurecht betont: Gott hat unsere Arbeit über so viele Jahre ganz besonders gesegnet. Viele Menschen durften im Glauben gestärkt und neue Entdeckungen durften gemacht werden. Eine neue Generation wächst nun innerhalb der Arbeit heran und wir sind sehr dankbar dafür, dass diese jungen Menschen tatkräftig mithelfen, die Tagung durchzuführen und auch im Bereich der biblisch-archäologischen Forschung im Rahmen ihrer Doktorarbeiten tätig sind.
Wir blicken mit Zuversicht auf die Zukunft und sind gespannt, was Gott noch mit uns vorhat.

Peter van der Veen

Ursprünglicher Artikel: https://www.wort-und-wissen.org/info/wort-und-wissen-info-4-2024/