Die Teilgebiete der Evolutionsforschung
In der Evolutionsforschung geht es darum, Belege für eine Abstammung der Lebewesen zu liefern, die Entwicklungswege nachzuzeichnen und die Mechanismen aufzuklären, die zum Formenwandel führen.
1.0 Inhalt
In diesem Abschnitt werden die Hauptgebiete der Evolutionsforschung und ihre Fragestellungen vorgestellt.
1.1 Einleitung
Die Evolutionsforschung kann man in einem ersten Schritt grob in zwei Gebiete unterteilen (Abb. 25).

Abb. 25: Die wichtigsten Teilgebiete der Evolutionsforschung
1.2 Kausale Evolutionsforschung
Die kausale Evolutionsforschung untersucht die Ursachen für den Formenwandel und die Mechanismen, die ihm zugrunde liegen. Zu diesem Teilgebiet gehören u. a. genetische und molekularbiologische Forschungen über das Auftreten von „Mutationen“ (https://genesis-net.de/e/1-3-b/2-1/) und deren Häufigkeit, weiterhin populationsgenetische Studien, durch welche die Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden, mit denen Mutationen in den Populationen fixiert werden (das heißt: sich dauerhaft durchsetzen). Dabei geht es vor allem um das Wirken von „Selektion“ (https://genesis-net.de/e/1-3-b/2-2/) und Gendrift [= zufällige Änderung der Häufigkeit von Genvarianten].
Die kausale Evolutionsforschung kann somit etwas über das empirisch belegte Ausmaß und die Qualität der Veränderungen der Lebewesen aussagen und erfasst Vorgänge, die in der Gegenwart ablaufen und direkt beobachtbar und experimentell zugänglich sind.
1.3 Historische Evolutionsforschung
Durch die historische Evolutionsforschung soll dagegen ein vergangener Vorgang – die einmalige, nicht reproduzierbare Geschichte des Lebens – rekonstruiert wer-
den. Sie kann methodisch nur mit indirekten Belegen, Analogieschlüssen und weitreichenden Extrapolationen vom empirischen auf den nicht-empirischen Bereich arbeiten (siehe „Methodik der historischen Forschung“ (https://genesis-net.de/a/1-1/3-2/)). Es werden Indizien gesammelt, die im Rahmen eines Ursprungskonzepts gedeutet werden, selber aber das zugrunde gelegte Ursprungskonzept nicht hinreichend begründen können.
Evolutionsbelege. Die historische Evolutionsforschung wird gewöhnlich nochmals in zwei Teilbereiche unterteilt. Zum einen geht es um Belege für den Formenwandel und für die mutmaßliche Gesamt-Evolution des Lebens (Makroevolution) – unabhängig von den zugrundeliegenden Mechanismen. Hierzu werden Ergebnisse aus zahlreichen Teilbereichen der Biologie und der Paläontologie (Fossilforschung) herangezogen. Da die Geschichte des Lebens nicht direkt erforschbar ist – sie liegt in der Vergangenheit und kann experimentell nicht nachgestellt werden –, kann die historische Evolutionsforschung keine naturwissenschaftlich begründeten Beweise für eine Gesamtevolution des Lebens liefern. Makroevolution stellt vielmehr einen Deutungsrahmen für die Interpretation der Beobachtungsdaten dar, der per Konvention festgelegt wird und prinzipiell auch anders gewählt werden könnte (vgl. Artikel „Mikro- und Makroevolution“ (https://genesis-net.de/e/1-3-a/1-3/)).
Stammbaum-Rekonstruktion. Das zweite Teilgebiet der historischen Evolutionsforschung ist die sog. Phylogenetik („Stammbaumrekonstruktion“). Sie versucht unter der Voraussetzung einer allgemeinen Evolution einzelne evolutionäre Abfolgen und Abstammungszusammenhänge zu rekonstruieren. Dies geschieht vor allem auf der Basis von Formenvergleichen, aber auch anhand von Fossilfunden. In den letzten Jahren und Jahrzehnten gewannen dabei molekulare Studien (Sequenzvergleiche von Proteinen und DNA) eine rasch zunehmende Bedeutung. Dabei wird ein unterschiedliches Ausmaß an Gemeinsamkeiten (sei es in Abfolgen der Protein- oder DNA-Bausteine oder sei es auf der Grundlage der klassischen morphologisch-anatomischen Merkmale) als Gradmesser für mehr oder minder enge stammesgeschichtliche Verwandtschaft interpretiert.
Autor: Reinhard Junker, 01.01.2004
Aktualisiert am 07.01.2024 (B. Scholl); © beim Autor; alter Link: 2004, https://www.genesisnet.info/schoepfung_evolution/i41222.php