Klimaschwankungen zur Zeit des Alten Testaments

Klimaschwankungen zur Zeit des Alten Testaments

Entgegen früheren Annahmen war das Klima im Alten Orient teilweise drastischen Schwankungen ausgesetzt. Das ergaben Pollenanalysen von Bohr-kernen in Israel, Jordanien, Jemen und der Arabischen See. So sah die Steinzeit und das Chalcolithikum in der Region heftige Regenfälle. Auch die frühe Bronzezeit war nach einer anfänglichen Trockenzeit weithin von feuchtem Klima beherrscht, bis sich die Verhältnisse gegen Ende dieser Periode dramatisch veränderten. Die langanhaltende Dürre wurde erst in der mittleren Bronzezeit wieder von feuchterem Klima abgelöst. Die Folgezeit sah dann ein graduelles Abnehmen der Feuchtigkeit bis zum Beginn der byzantinischen Zeit. James A. SAUER, der eigene Untersuchungen zur Klimaentwicklung im Jemen durchgeführt hat, sieht sich aufgrund dieser Faktenlage zu einer Revision der gängigen chronologischen Zuordnung der alttestamentlichen Berichte genötigt. So sieht er in dem sog. Kuweit-Fluß, dessen Spuren der Bostoner Forscher Farouh EL-BAZ unlängst unter dem Sand der arabischen Halbinsel entdeckt hat, eine Ähnlichkeit mit dem biblischen Pischan von 1. Mose 2, ll-12. Das Land Hawila, das der Fluß durchströmt haben soll, wurde von manchen Wissenschaftlern auf Teile von Arabien bezogen. Im alttestamentlichen Bericht besonders hervorgehoben wird das feine Gold dieser Gegend. Die 1932 wiederentdeckte Goldmine von Mahd edh-Dhahab, die „Wiege des Goldes“, wurde bereits im Altertum betrieben. Sie liegt am Oberlauf des während der Frühen Bronzezeit ausgetrockneten Flusses. Auch die erwähnten Harze und Halbedelsteine sind typisch für die Gegend. Weniger spektakulär, dafür aber um so bedeutsamer könnte SAUERs Verbindung zwischen den Patriarchenberichten und den Klimaveränderungen der späten Frühbronzezeit sein. Die anhaltende Dürre wäre eine plausible Erklärung für die archäologisch nachgewiesene Entvölkerung Israels und Jordaniens in dieser Zeit (nach der konventionellen Chronologie um 2000 vor Christus). SAUER assoziiert die Berichte über Hungersnöte in der Zeit der Patriarchen mit der Dürre und setzt deren Auftreten darum in der ausgehenden Frühbronzezeit, deutlich zeitiger als üblicherweise vermutet, an.
[SAUER JA ( 1996) The river runs dry – Biblical Story preserves historical memory. Biblical Archaeology Review 22, No. 4, 52-64.] UZ

Ursprünglicher Artikel: https://si-journal.wort-und-wissen.org/sij/article/view/4086