Archäologisches Forschungsprojekt von Frank Biberger

Archäologisches Forschungsprojekt von Frank Biberger

Die Studiengemeinschaft Wort und Wissen hat sich auf Vorschlag von Peter van der Veen entschieden, das Dissertationsprojekt von Frank Biberger zu fördern. Es betrifft ein Kernthema der Arbeitsgruppe für Biblische Archäologie zu Fragen der Chronologie des Alten Testaments. Die Arbeit wird von Peter van der Veen betreut; er hat sie auf der diesjährigen Hauptkonferenz vorgestellt. Nachfolgend erläutern wir das Wichtigste daraus.

Pharao Osorkon II., Nachkomme Schoschenks I., mit seiner Königin Karomama in Gebetshaltung (Bild: P. v.d. Veen, mit freundlicher Genehmigung des Britischen Museum in London).

Frank Biberger, der in der Arbeitsgruppe für Biblische Archäologie mitarbeitet, hat Theologie (Diplom), Philosophie (Master of Arts) und Alte Geschichte (Master of Arts) studiert. Das Dissertationsprojekt trägt den Arbeitstitel: „Der Schischak-Schoschenk-Synchronismus: Eine forschungsgeschichtliche Standortbestimmung aus philologischer, archäologischer und historischer Perspektive.“ Betreut wird diese althistorische Arbeit vom Arbeitsbereich für Alte Geschichte an der Universität Oldenburg.

Der Schischak-Schoschenk-Synchronismus ist eine der tragenden Säulen der konventionellen Chronologie, die jedoch nicht mit der biblischen Chronologie vereinbar ist. Dabei wird Pharao Schoschenk I., der Begründer der 22. Dynastie, mit dem biblischen Schischak (1. Könige 14,25-26 und 2. Chronik 12,2-9) gleichgesetzt. Die Archäologen John Bimson, David Rohl und Peter James und Mitarbeiter lehnen diese Gleichsetzung zwar ab, sie wurde jedoch erneut im neuesten Lehrbuch zur Geschichte Israels von Christian Frevel aus dem Jahr 2016 für den deutschen Sprachraum gleichsam zementiert. Dagegen sieht Rohl im biblischen Schischak den ägyptischen Ramses II. und James et al. Pharao Ramses III.

Die Arbeit von Frank Biberger stellt sich die Aufgabe, die widerstrebenden Thesen auf philologischem, archäologischem und historischem Gebiet auf ihre jeweilige Plausibilität und Widerspruchsfreiheit hin zu untersuchen. Das Dissertationsprojekt verfolgt dabei eine innovative Idee: Mittels einer wissenschaftstheoretischen Herangehensweise wird der Ansatz gewählt, dass jede philologisch, archäologisch und historisch aufgestellte Hypothese jenseits des Glaubens grundsätzlich nachprüfbar und gegebenenfalls widerlegbar sein muss, um den Anspruch von Wissenschaftlichkeit stellen zu können. D. h., jede Hypothese, die sich durch weitere Hilfshypothesen der Überprüfbarkeit und Falsifizierbarkeit entzieht, kann für sich nicht den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben. Frank Bibergers zentrale Fragestellung ist dabei, ob sich die jeweiligen Positionen solcher – in wissenschaftstheoretischer Hinsicht – unzulässiger Hilfshypothesen bedienen. Ausgangspunkt dieser wissenschaftstheoretischen Herangehensweise ist die Beobachtung, dass die konventionelle Sichtweise in nicht wenigen Fällen weitere Hilfshypothesen aufstellt, um die Haupthypothese (Schischak = Schoschenk I.) de facto unwiderlegbar zu machen. Ein Beispiel: Da der Feldzugsbericht Schoschenks I. auf dem Relief von Karnak nicht mit dem biblischen Bericht übereinstimmt, wird in der neuesten Veröffentlichung des Trierer Alttestamentlers Erasmus Gaß aus dem Jahr 2015 u. a. die Hilfshypothese aufgestellt, dass Pharao Schoschenk I. einen zweiten Feldzug nach Palästina unternommen haben könnte, der dann mit dem im biblischen Bericht erwähnten Feldzug gleichzusetzen wäre. Mit dieser Hilfshypothese „gelingt“ es Gaß, den eben genannten Widerspruch aufzulösen und die konventionelle Chronologie zu retten.

Das Dissertationsprojekt wird die Frage, wer der biblische Pharao Schischak sein könnte, nicht zweifelsfrei klären können. Gleichwohl will die Arbeit einen Beitrag dazu leisten, diese wichtige Fragestellung auf ein neues, wissenschaftstheoretisch redliches Fundament zu stellen. Wenn gezeigt werden kann, dass die Schischak-Schoschenk-Gleichung auf schwachem Fundament steht, entfällt ein wichtiges Argument gegen die biblische Chronologie; es würde also deren historische Glaubwürdigkeit gestärkt.

Dieses und andere wissenschaftliche Projekte können wir nur dann fördern, wenn wir wie bisher Ihre großzügige Unterstützung für solche Projekte erhalten.

Ursprünglicher Artikel: https://www.wort-und-wissen.org/info/3-16/