Die Erfindung des Alphabets

Die Erfindung des Alphabets

Die Einführung des Alphabets anstelle der älteren Silbenschrift ist eine der ganz großen Kulturleistungen der Menschheit. Konventionell wird sie ägyptisch beeinflußten Siedlern im syro-palästinischen Raum zugeschrieben. Inschriften in Kanaan und auf dem südwestlichen Sinai werden auf 1650 bis 1550 v.Chr. datiert. Nach ihnen hat die neue Schrift ihren Namen: proto-kanaanitisch oder proto-sinaitisch. P. Kyle McCarter, Jr., Professor an der John-Hopkins-Universität und Experte für alte Schrift zieht diese Sichtweise nun in Zweifel. Auslöser seiner Überlegungen sind neue Funde desselben Schrifttyps im südlichen Ägypten. John und Deborah Darnell hatten die in die Wände einer Heeresstraße eingeritzten Zeichen unlängst im Wadi el-Hol (etwas frei übersetzt „Tal des Schreckens“) nördlich von Luxor entdeckt. Entstanden ist die Inschrift zur Zeit des Mittleren Reiches. McCarter setzt für ihre Entstehung eine Zeit um 1800 v.Chr. oder früher an. Obwohl die Entzifferung des Alphabetes bis heute nicht vollständig gelungen ist, glauben die Experten zwei Wörter lesen zu können: den Namen eines Fürsten und einen Bezug zu einer Gottheit. Die Entstehung der Schrift schreiben sie in Ägypten ansässigen Semiten zu. In unmittelbarer Nähe des Textes hat sich – allerdings nicht in Buchstabenschrift – ein gewisser Bebi, „General der Asiaten“ verewigt. Die alten Ägypter bezeichneten alle Ausländer als Asiaten, zumeist handelte es sich dabei um Menschen aus der Levante nordöstlich des Nillandes und v.a. aus Kanaan.

[Not as Simple as A-B-C. Earliest Use of Alphabet Found in Egypt. Biblical Archaeology Review 26 (1/2000), S. 12.] UZ

Ursprünglihcher Artikel: https://si-journal.wort-und-wissen.org/sij/article/view/3929/7511