Diskrepanz zwischen Radiokarbondaten und historischen Altern bekräftigt

Diskrepanz zwischen Radiokarbondaten und historischen Altern bekräftigt

In einer in Studium Integrale journal erschienenen Reihe von Beiträgen (5 [1998], Hefte 1 und 2; 6, [1999], Hefte 1 und 2) hat der Autor für die Zeit vor ca. 1000 v.Chr. auf eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen dendrochronologisch gestützten Radiokarbondaten (14C) und historisch-archäologischen Altersangaben hingewiesen.

Eine besonderte Rolle spielte dabei der Ausbruch des Vulkans Thera in der Ägäis, der historisch auf 1520 bis 1500 v.Chr., mittels 14C und Dendrochronologie jedoch zu Beginn der 1990er Jahre auf 1628/27 v.Chr. datiert wurde. Ein wichtiges Argument dabei waren besonders schmale Jahresringe in nordamerikanischen Borstenkiefern und europäischen Eichenstämmen, die mit einer Klimaverschlechterung infolge des Vulkanausbruchs erklärt wurden.

Die Argumentation wurde über die 1990er Jahre aufrechterhalten, obwohl es zunehmend Hinweise darauf gab, daß für dieselbe Zeit gefundene Säureanreicherungen im polaren Eis Grönlands chemisch nicht zu Thera paßten.

In einem im Jahre 2001 in der Zeitschrift Science erschienenen Aufsatz präsentierte eine Gruppe von Wissenschaftlern um Sturt Manning von der University of Reading dann jedoch eine Verschiebung der „schwimmenden“ anatolischen Baumringchronologie um 22 Jahre. Anstelle von 1628/27 v.Chr. rückte der Ausbruch des Vulkans damit in die Zeit um 1650 v.Chr.

Unlängst wurden wiederum unter Federführung Mannings erneut umfangreiche Messungen vorgestellt, die neben dem Ausbruch des Thera eine Reihe weiterer Fixpunkte der ägäischen Geschichte während der Späten Bronzezeit umfassen. Damit ergibt sich das folgende Bild:

Der Beginn der Späten Minoischen Periode (kurz SM) IA fiel nach den Autoren anstelle archäologisch-historisch auf 1600/1580 v.Chr spätestens auf 1689/1680 v.Chr. und sehr wahscheinlich sogar auf 1765-1716 v.Chr.

In ähnlicher Weise verschiebt sich das Ende der Epoche von archäologisch-historisch ca. 1480 v.Chr. auf 1610-1590 v.Chr. Die Eruption des Thera hätte sich anstatt zwischen 1520-1500 v.Chr. zwischen 1650 und 1620 v.Chr. ereignet. Das Ende der darauffolgenden Phase SM IB geben die Autoren anstelle archäologisch-historisch ca. 1425 v.Chr. mit 1522-1512 v.Chr. an.

Damit ergibt sich für die ganze Periode eine Diskrepanz von ca. 100 Jahren zwischen den unterschiedlichen Datierungschemata, wobei Radiokarbon- und Baumringdatierung die höheren Angaben liefern. Die Folgerung der Autoren, der Höhepunkt der minoischen Zivilisation während SM IA wäre damit nicht mehr zeitgleich mit der 18 Dynastie in Ägyptens Neuem Reich gewesen, sondern fiele in die Zeit der Hyksosherrschaft, ist so jedoch nicht möglich, da die Chronologie der Ägäis über Querkorrelationen an die ägyptische Chronologie gebunden ist.

Es bleibt dabei: Die archäologisch-historischen Datierungsverfahren einerseits und Radiokarbon/Dendrochronologie andererseits weisen für die geschilderte Zeitspanne eine signifikante Diskrepanz auf, die ihre Ursache, wie in den eingangs erwähnten Beiträgen herausgearbeitet, auf beiden Seiten haben kann.

UZ

[Manning SW, Kromer B, Kuniholm PI & Newton MW (2001) Anatolian Tree Rings and a New Chronology for the East Mediteranian Bronze-Iron Ages. Science 294, 2532-35; Manning SW, Ramsey CB, Doumas C, Marketou T, Cadogan G & Pearson CL (2002) New Evidence for an Early Date for the Aegean Late Bronze Age and Thera Eruption. Antiquity 76, 733-744.]

Ursprünglicher Artikel: https://si-journal.wort-und-wissen.org/sij/article/view/3808/7280