Inschriften aus der Eisenzeit in und um Israel
Alphabetische Inschriften erläutern den Alltag im alten Israel
Peter van der Veen & Benjamin Scholl
Gibt es Hinweise aus der Archäologie, dass biblische Ereignisse auch auf außerbiblischen Artefakten belegt sind? Im Folgenden sind archäologische Belege von biblischen Personen und Ereignissen aus alphabetischen Inschriften in und um Israel herum zusammengetragen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Diese basieren auf Ergebnissen, die auf der Jahrestagung der Studiengemeinschaft Wort und Wissen 2025 vorgestellt worden sind.
1. Richterzeit (konventionell ca. 14.–11. Jh. v. Chr.)
Früheste Hinweise auf Israeliten in Kanaan in ägyptischen Ortsnamenlisten (Richterzeit)
Orientiert man sich an der Bibel, dann ist Israel ungefähr 1450 v. Chr. aus Ägypten ausgewandert und nach 40 Jahren Wüstenwanderung in Kanaan angekommen. Diese Deutung passt besser zum biblischen und auch zum archäologischen Befund als eine typische Spätdatierung des Exodus aus Ägypten im 13. Jahrhundert.
Erwähnungen von Israel in archäologischen Quellen
Merenptah (Sohn Ramses II.) kämpft gegen yy-ś-r-ỉl (konv. ca. 1210 v. Chr.). Bis vor kurzem war das die älteste Erwähnung von Israel im Land Kanaan.

Abb. Merenptah-Stele/ Israel-Stele (Olaf Tausch, CC BY 3.0)
Seit einigen Jahren gibt es möglicherweise eine weitere, noch ältere Erwähnung von Israel, die aber etwas anders geschrieben ist (archaisierende Form) als auf der Israel-Stele und von der ca. ein Drittel fehlt: ỉ3-š3/r-ỉl = Israel(?) auf demBerliner Sockelrelief (konv. 14. Jh.). Peter van der Veen deutet diesen Namen als Israel. Er kommt dort vor mit zwei weiteren Namen aus dem Land Kanaan: Kanaananu (Kanaaniter) und die Stadt Askalon. Eine alternative Lesung scheint eher unwahrscheinlich.

Abb. Namenring Israel? (© ABA)
Es gibt weitere Namenslisten mit Ortsangaben aus Israel aus dem alten Ägypten aus der Periode (konv.) 14. bis 13. Jh. v. Chr. – nämlich möglicherweise folgende Stämme, die geografisch zu ihren Stammesgebieten in der Bibel passen:
- ỉ-ś-r = Aser(?) (konv. 13. Jh. v. Chr.)
- ś3-k3r’ = Issachar(?) (konv. 14. Jh. v. Chr.)
- t3 Š3św R’-b3-n3 = Bezirk der Nomaden von Reuben(?) (konv. ca. 1350–1250 v. Chr.)
Quellenhinweise: van der Veen & Zwickel (2014) Die neue Israel-Inschrift und ihre historischen Implikationen, https://www.researchgate.net/publication/305882386; van der Veen P (2022) Israel and the Tribes of Asher, Reuben and Issachar: An Investigation into Four Canaanite Toponyms from New Kingdom Egypt. In: Wimmer SJ & Zwickel W. (Hgg.) Ägypten und Altes Testament: Fachtagung „40 Jahre ÄAT”, München, 6.–7. Dez. 2019. ÄAT 100. Zaphon, Münster, S. 25–36.

Abb. Stammesnamen Israels? (© U. Zerbst & P. van der Veen, ABA)
Neuere Inschrift aus der späten Richterzeit (israelitisch oder „kanaanäisch”)
Aus der späten Richterzeit ist diese Tonscherbe (Ostrakon) teilweise erhalten. Dennoch sind sich die Wissenschaftler ziemlich einig: Auf dem Jerubaal-Ostrakon aus Chirbet er-Rai, westlich von Lachisch (ca. 12.–11. Jh. v. Chr.), steht „Jerubaal“. Das ist auch Zweitname des Richters Gideon (Ri 6,31-32; 8,35; 2Sam 11,21). Allerdings lag Gideons Amtssitz nördlicher in der Jesreel-Ebene, weswegen man nicht sagen kann, dass es dieselbe Person wie auf dem Ostrakon ist. Aber der chronologische Zusammenhang zwischen der biblischen Überlieferung und den altjüdischen Inschriften deutet darauf hin, dass der biblische Text echte judäische Namen bewahrt hat (vgl. Christopher Rollston et al. 2021).

Abb. Jerubaal-Ostrakon (© Y. Garfinkel, ABA)

Abb. Fundort des Jerubaal-Ostrakons: Chirbet er-Rai, westlich von Lachisch, am westlich Rand (Schefela) des Stammesgebietes von Juda. (© W. Zwickel, Univ. Mainz)
Konnten Israeliten in der Richterzeit und frühen Königszeit schon schreiben?
Auch in den Dörfern gab es im Übergang von Richterzeit zu Königszeit schon Schreiber, wie verschiedene Abecedarien (Text unter Verwendung eines Alphabets) als Schreiberübungen zeigen. In dieser Epoche wird eine Zunahme von Schreibern deutlich:
- Alphabetinschrift als Schreiberübung aus Izbet Sarta (konv. 12.–11. Jh. v. Chr.; rev. 10.–9. Jh.); dörfliches Hinterland; Formgebung der Schrift nicht sehr gekonnt
- Alphabetinschrift als Schreiberübung aus Tel Zayit in Juda (konv. 10. Jh. v. Chr.); Inschrift am Drehangelpunkt des Stadttores

Abb. Schreiberübung aus Izbet Sarta (© nach F. M. Cross 1980)

Abb. Abecedarium als Schreiberübung aus Tel Zayit (© B. Zuckerman, West Semitic Research, ABA)
2. Das geeinte Königreich (11.–10. Jh.)
Könige des 11.–10. Jahrhunderts v. Chr.
- Saul in Gibea (ca. 1030–1010 v. Chr.)
- David in Hebron und Jerusalem (ca. 1010–970 v. Chr.); Ischbaal in Mahanaim parallel als Gegenkönig (ca. 1010–1005 v. Chr./1005–1003 v. Chr.)
- Salomo in Jerusalem (970–930 v. Chr.)
- Nordreich Israel (930–722 v. Chr.)
- Südreich Juda (930–587 v. Chr.)

Abb. Südlevantinischer König Yarh-azar aus Ammon in Jordanien um 700 v. Chr. (Allan Gluck, CC BY-SA 4.0)

Abb. Das alte Israel. Das Südreich grenzt wenige Kilometern nördlich von Jerusalem an das Nordreich. (© U. Zerbst/ABA)
Aus dieser Zeit gibt es auf Pfeilspitzen eingravierte Namen von Personen mit Amtsbezeichnungen, von denen leider nur eine aus einer bekannten, legalen Grabung (aus Ruweiseh im Libanon 1930er-Jahre) stammt.
Beschriftete Pfeilspitzen aus Syrien-Phönizien und Israel (aus dem Handel): u.a. (Buchstabenstil: konv. 11.–9. Jh., teilweise irreführend, da Schriftstile sich regional wohl unterschiedlich schnell entwickelt haben)
- Pfeil Zakarbaals, dem König vom Lande Amor (vgl. Gebiet der Amoriter, Amurru; vermutlich auch in der ägypt. Inschrift von Wenamun während der späten 20. Dynastie erwähnt)
- Pfeil Benajas, Hauptmann über 1000 Mann (vgl. Hauptmann Davids in 2Sam 20,23; 23,20-23; es ist nicht geklärt, ob das derselbe ist)
- Pfeil Isais (vgl. auch der Vater Davids in 1Sam 17,12 hieß Isai)
Auch das zeigt, dass biblische Namen in der passenden Epoche in Kanaan vorkamen.

Abb. Beschriftete Pfeilspitzen: Pfeilspitzen des Zakarbaal, dem König der Amoriter sind rechts zu sehen. Die Pfeilspitzen links unten stammen aus el-Chadr, unweit von Bethlehem. (Copyright s. im Bild)
Goliath von Gath: Davids Kampf mit dem philistäischen Riesen im Ela-Tal (11. Jh.)
Die folgende Scherbe wurde in Gath, der Heimatstadt des Riesen Goliaths (1. Sam 17,4), gefunden.
Diese Scherbe aus Gath wird aufgrund des Keramikstils (Polierung ungleichmäßig aufgebracht, statt regelmäßig in Ringen der späten Königszeit) datiert auf Eisenzeit IIA, also das (konv.)10. Jh. v. Chr. (rev. 9. Jh.). Sie trägt die Namen „Aljat und Jalat“ als Inschrift. Die Schreibweise ist noch sehr archaisch – in dieser Zeit ist die Schreibrichtung der Buchstaben noch variabel. Schon lange hatten Wissenschaftler behauptet, der biblische Namen „Goliat“ könnte von dem lydischen (aus Westanatolien) Namen „Aljat(tes)“ abgeleitet sein. Wenn dies stimmt, dann zeigt die Scherbe einen Goliath aus Gath zu Beginn des 1. Jahrtausends.

Abb. Scherbe mit „Aljat und Jalat“ (© A. Maeir / S. Wimmer, ABA)
Inschriften aus dem Ela-Tal, aus Chirbet Qeijafa (konv. ca. 10. Jh. v. Chr.)
Vor ca. zwei Jahrzehnten eine Stadt entdeckt: Chirbet Qeijafa im Ela-Tal (bzw. Terebinthental; s. 1Sam 17,2), unweit der Stelle, an der David und Goliath gekämpft haben. Es handelt sich um eine Zitadelle aus der Zeit Davids – möglicherweise auch etwas später. Man hat ein Ostrakon, eine Scherbe, mit mehreren Zeilen gefunden. Allerdings ist die Richtung der Schrift nicht immer eindeutig.
Auf dem Ostrakon könnte stehen: „… Urteile den Sklaven und die Witwe, urteile den Waisen und den Fremden, … Flehe an für das Kind, flehe an für den Armen und für die Witwe. Räche sie durch die Hände des Königs. Schütze den Bedürftigen und den Sklaven, Unterstütze den Fremden …“(G. Galil; Lesung umstritten)
Quellenhinweis: Galil G (2009) The Hebrew Inscription from Khirbet Qeiyafa / Neta’im: Script, Language, Literature and History. Ugarit Forschungen 41, 193–242.
Wenn diese Lesung stimmt, dann würde sie sozialen Gesetzgebungen aus der Thora (z. B. 2Mo 22,21; 3Mo 25,39; 5Mo 10,18; 17,14ff; 24,17; 27,19) ähneln.

Abb. Ostrakon aus dem Ela-Tal mit Inschrift über den sozialen Umgang (© Garfinkel et al. 2015, Ch. Qeijafa excavations, ABA)
Am gleichen Ort wurde auch eine Kruginschrift entdeckt: „von Ischbaal, dem Sohn Bel‛as“.
Bisher kannte man aus dieser Zeit (ca. 1000 v. Chr.) den Namen Ischbaal für das Gebiet Israel nur aus der Bibel. Dort handelt es sich um den überlebenden Sohn Sauls: Eschbaal/Ischbaal (so nach 1Chr 8,33) bzw. Isboseth/Ischboscheth (2Sam 2,8-10; wahrscheinlich wurde Baal durch boscheth = Schande umschrieben), der als Sauls Thronfolger 2 Jahre in Mahanaim über den Rest Israels parallel zu David in Juda regierte. Damit ist der Name Ischbaal aus der passenden Zeit in Kanaan belegt.

Abb. Kruginschrift mit Ischbaal (© Garfinkel et al. 2015, Ch. Qeijafa excavations, ABA)
Jerusalem als Hauptstadt des geeinten Königreichs: Kuhdorf oder administratives Zentrum?
Bibelkritische Archäologen wie Israel Finkelstein haben oft behauptet, am Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. sei Jerusalem nur ein „Kuhdorf“ und keine Metropole gewesen. Salomos Großreich habe es so nicht gegeben. Von damals würde auch nichts Schriftliches vorliegen. Dennoch fand man in der Davidsstadt viele Tonbullen, die teilweise vom dem Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. stammen. Sie tragen statt hebräischen Inschriften teilweise ägyptische Namen bzw. Pseudohieroglyphen, die ägyptische Kultur nachgeahmt haben. Auf den Rückseiten haben die Tonbullen Papyrusfaserabdrücken, daher waren sie an (typischerweise beschriebenen) Papyrusrollen befestigt – man hat also eine Schriftkultur damals in Jerusalem gehabt.

Abb. Hunderte von Tonbullen zeugen von einem regen Schriftverkehr – frühes 1. Jt. v. Chr. (© R. Reich, ABA)
Der Archäologe Eli Shukron sagte: „Auch die Tonverschlüsse zeigen, dass Jerusalem ein Ort mit einem gewaltigen Postbetrieb war. Dies zeigt, dass die Stadt ein bedeutendes administratives Zentrum war.“(Jerusalem Post, Januar 2006)
Etwa 2010 fand man diese Inschrift: Eine Scherbe eines Pithos (Vorratsgefäß) vom Ophel, also aus dem Viertel, indem der Palast stand (konv. 10. Jh. v. Chr.). Allerdings ist die Interpretation der Buchstaben schwierig. Die Wissenschaftler sind sich noch nicht einig, was dort steht. Entweder könnte sich die Inschrift in Althebräisch auf den Inhalt des Gefäßes beziehen (etwa auf die Qualität des Weins), oder – so wurde gefolgert – es könnte sich um eine altarabische (safaitische) Inschrift handeln, worin die Zutaten für die Herstellung von Weihrauch genannt werden. Es ist auch umstritten, ob es überhaupt protoalphabetische Zeichen sind.

Abb. Pithos-Inschrift vom Ophel in Jerusalem (© E. Mazar, ABA)
Bauernbevölkerung in Israel
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist der Bauernkalender von Geser (konv. 10. Jh. v. Chr.) bekannt. Dort sind die Ernten aufgelistet. Vielleicht handelt es sich auch um eine Schreibübung.
„Zwei Monate davon (sind) Obsternte (September/Oktober),
Zwei Monate davon Saat (November/Dezember),
Zwei Monate Spätsaat (Januar/Februar),
Ein Monat Flachsschnitt (März),
Ein Monat Gerstenernte (April),
Ein Monat Getreideernte und Abmessen (Mai),
Zwei Monate Beschneiden (Juni/Juli),
Ein Monat Sommerobsternte (August).“
(nach J. Renz)
Auch das passt zum Alltag des alten Israels: Ca. 90 % der Einwohner im alten Israel waren Bauern (man kennt sie aus dem Alten Testament als ‛m h-’rṣ = das Volk des Landes, s. z. B. 2Kö 24,14). Diese bäuerlichen Leute waren angewiesen auf gute Ernten, die in den trockenen Gebieten von den Jahres- und Regenzeiten anhängig waren.

Abb. Bauernkalender aus Geser (nach Osama Shukir Muhammed Amin FRCP(Glasg), CC BY-SA 4.0)
3. Das geteilte Königreich: Nord- und Südreich (ca. ca. 10. – Mitte 8. Jh.)
Abgaben aus der Ernte als Steuerabgaben
In der Bibel warnt der Prophet Samuel das Volk Israel, was die Folgen sein werden, wenn sie unbedingt einen König für sich begehren: „Und er sprach: Das wird das Recht des Königs sein, der über euch herrschen wird: Eure Söhne wird er nehmen und sie für sich einsetzen, auf seinen Streitwagen und bei seiner Reiterei, und damit sie vor seinem Wagen herlaufen; (…) dazu wird er den Zehnten von eurer Saat und von euren Weinbergen nehmen und ihn seinen Hofbeamten und Knechten geben.“ (1. Sam 8,11+15; SLT)
Auf dem Ostrakon 13 aus dem Palast in Samaria (Mitte 8. Jh. v. Chr., Nordreich) ist die Abgabe von Wein festgehalten: „Im 10. Jahr aus ’Abi‘ezer, an Schemaryo ein Krug alten Weins, an ’Es[ḥor], […] aus Tawil.“

Abb. Ostrakon 13 aus dem Palast in Samaria (© Galling 1961)
Auch Zahlungen an König Hiskia und Manasse (spätes 8.–7. Jh. v. Chr., Südreich) sind belegt: Es gibt Krughenkel und Tonbullen mit Namen der Wärter und Winzer von Ölplantagen und Weinbergen mit Hinweisen auf Steuerabgaben.

Abb. Gestempelter Krughenkel mit dem Namen des Winzers, Samak (Sohn des) Zephanjahu, aus der Regierungszeit Hiskias. Es wird vermutet, dass der Inhalt des Gefäßes zu Steuerzwecken verwendet wurde. (© ehemalige Sammlung von S. Moussaieff; heute: A. Späth).

Abb. Zahlungen an König Manasse? Auf der Tonbulle ist zu lesen: „Im 26. / Jahr / Eltolad / an den König” = Zahlung aus Eltolad (Ortschaft in Josua 15,30) an den König in dessen 26. Regierungsjahr. Das könnte auf Hiskia oder Manasse zutreffen. Aber da das höchste uns bekannte Datum auf den Fiskaltonbullen das 34. Jahr ist (Hiskia regierte nur 29 Jahre), nimmt Gabriel Barkay (2015, https://www.academia.edu/29026809) an, dass sich die Zählung hier auf Manasse bezieht. (R. Wiskin/ABA)
Die frühesten Erwähnungen Davids aus dem 9. Jh v. Chr., Tel Dan (Nordgrenze) und Diban (Jordanien)
Die Fragmente der sogenannten Tel Dan-Stele wurden 1993 und 1994 entdeckt.. Sie ist aramäisch und stammt aus Tel Dan, an der Nordgrenze Israels zum Libanon (ca. 835 v. Chr.). Auch hier gibt es fehlende Bruchstücke, die rekonstruiert werden mussten, sodass über die Rekonstruktion diskutiert wird: „[Dann tötete ich Jo]ram, den Sohn A[habs], den König von Israel. Und [ich] töte[te Ahas]jahu, den Sohn [Jorams, den Kön]ig des Hauses Davids”
Man vermutet, dass die Inschrift von Hasael in Auftrag gegeben wurde, der gegen einen König aus Juda gekämpft hat (vgl. 2Kön 8). Bis 1993 gab es keine archäologischen Belege außerhalb des Alten Testaments, sodass manche Wissenschaftler gar meinten, dass David nur eine Legendenfigur sei.
„Und er [Ahasja] zog mit Joram, dem Sohn Ahabs, in den Krieg gegen Hasael, den König von Aram, nach Ramot in Gilead; aber die Aramäer verwundeten Joram.“ (2Kö 8,28; SLT)

Abb. Tel-Dan-Stele mit dem Hinweis auf das „Haus Davids“. © D. Ilan, Nelson Glueck Institute, ABA
Schon länger ist die Stele des Königs Mescha von Moab bekannt, auf der dessen Kampf gegen Israel berichtet wird. Nach neueren Studien findet sich auch hier wahrscheinlich ein Hinweis auf das Haus Davids.
Die Mescha-Stele aus Diban stammt von König Mescha:
„WRNN.YSˇB.BH.BT DWD.[-? ] S ˇ [-? ]
32 [——–? ]WY MR.LY.KMSˇ.RD.HLTH
M.BH ˙ WRNN/W RD.W[ L]
33 [TH ˙ M.BQR.W H …“
(Lemaire & Langlois 2021)
Übersetzt: „Und in Chauronen wohnte das Haus [Da]vids, […und] Kemosch [sp]rach zu mir: steig hinab!“
Dies passt zum Bibeltext, indem Mescha, der König von Moab, Israel erst tributpflichtig war und sich dann später davon lossagte: „Mesa aber, der König der Moabiter, war ein Schafzüchter und entrichtete dem König von Israel 100 000 Lämmer und 100 000 Widder samt der Wolle als Abgabe. Und es geschah, als Ahab tot war, da fiel der König der Moabiter von dem König von Israel ab.“ (2Kö 3,4-5; SLT)

Abb. Mescha-Stele, heute im Lourvre-Museum in Paris. (Bild © British Museum Trustees).

Abb. Die Inschrift „Haus David“ auf der Mescha-Stele. (© M. Langlois)
Weitere Inschriften des Aramäer-Königs Hasael (aus Tell Afis und Arslan Tasch in Syrien)
Hasael entwickelte sich zu einer großen Bedrohung für Israel.
- „Zu jener Zeit fing der HERR an, Israel zu schmälern; denn Hasael schlug sie an allen Grenzen Israels“ (2Kö 10,32)
- „Zu der Zeit zog Hasael, der König von Aram, hinauf und kämpfte gegen Gat und eroberte es. Und als Hasael Miene machte, gegen Jerusalem hinaufzuziehen“ (2Kö 12,18)
- „Deswegen entbrannte der Zorn des HERRN über Israel, und er gab sie in die Hand Hasaels, des Königs von Aram, und in die Hand Benhadads, des Sohnes Hasaels, die ganze Zeit hindurch.“ (2Kö 13,3)
Auch anderenorts wird Hasael erwähnt (auch in mesopotamischen Texten): Stelenfragment aus Tell Afis:
„… Hasa’e[l
[Ahas?]jahu?
] Kön[ig] …“
Da der Name in der zweiten Zeile mit dem israelitischen Gottesnamen Jahwe geschrieben ist, ist hier wahrscheinlich erneut von dem Krieg Hasaels gegen Israel und Juda die Rede.

Abb. Stelenfragment aus Tell Afis (© S. Mazzoni, ABA)
Die wahrscheinlichste Lesung einer Elfenbeineinlage eines Bettgestells lautet: „Diese … hat der Sohn von ’Amma für unseren Herrn Hasa’el im Jahr 5 eingeritzt“.

Abb. Elfenbeineinlage eines Bettgestells (Louvre Museum, ABA)
Personen des Nordreichs Israel: Inschriften aus dem Jordantal (9.–8. Jh. v. Chr.)
Aus dem 9. und 8. Jh. haben wir zunehmend mehr Inschriften, in denen auch Personen erwähnt werden. Eine Gefäßinschrift aus Tel Rehov nahe des Westufers des Jordan enthält: „Nimschi“.
Aus der Bibel ist Nimschi/Nimsi als Großvater Jehus bekannt – er war wohl auch bekannter als Jehus Vater Josaphat, wie die Erwähnung des Großvaters Nimschi neben dem Namen des Vaters vermuten lässt (vgl. 2Kö 9,2+14+20; 1Kö 19,16; 2Chr 22,7). Es ist zumindest möglich, dass es der Mann aus den Inschriften ist.

Abb. Gefäßinschrift aus Tel Rehov: „für Nimschi“ (© Ahituv & Mazar 2012, ABA)
Wenn dieser Nimschi, Jehus Großvater war, dann hatte er eine wichtige Stellung inne, denn es gibt eine weitere Gefäßinschrift aus Tel Rehov, die sogar den „Mundschenk Nimschi“ erwähnt. Nehemia war beispielsweise auch Mundschenk und Vertrauter des Königs, wenn auch deutlich später (Neh 1,11). Mundschenke gehörten in damaliger Zeit zu den engsten Vertrauten des Königs.

Abb. Gefäßinschrift aus Tel Rehov: Mundschenk Nimschi (© Ahituv & Mazar 2012, ABA)
Auf der Tel Dan-Stele ist nur Teil des Anfangsbuchstabens Aleph des Königsnamen Ahab zu lesen (s. o.). Der Name „Ahab“ kommt aber vollständig auf einem Krughenkel aus Tel Hamma vor – dabei muss es sich aber nicht um König Ahab gehandelt haben.
Ahab wird in der Bibel als erwähnt, der sich gegen Jahwe und dessen Gesetze wehrte: „Im achtunddreißigsten Jahr [der Regierung] Asas, des Königs von Juda, wurde Ahab, der Sohn Omris, König über Israel, und er regierte 22 Jahre lang in Samaria über Israel. Und Ahab, der Sohn Omris, tat, was böse war in den Augen des HERRN, mehr als alle, die vor ihm gewesen waren.“ (1. Kö 16,29-30; SLT)

Abb. Krughenkel aus Tel Hamma: Ahab (© Ahituv & Mazar 2012, ABA)
Ahab als böser König verband eine besondere Hassliebe mit dem Propheten Elia. Der Nachfolger des letzteren als Prophet hieß Elisa: „Als aber die Prophetensöhne, die bei Jericho ihm gegenüberstanden, das sahen, sprachen sie: Der Geist des Elia ruht auf Elisa!“ (2Kö 2,15; SLT)
Es wurde ein Ostrakon aus Tel Rehov gefunden, das den Namen „Elischa“ in roter Tinte trägt. Es kann der Elisa aus der Bibel gewesen sein, muss es aber nicht. Aber auch hier zeigt sich erneut, dass diese Namen zu genau dieser Zeit in Israel geläufig waren.

Abb. Ostrakon aus Tel Rehov: Elischa (© Lawson Stone, ABA)
Die Verehrung anderer Gottheiten neben Jahwe: Gefäßscherben aus Kuntillet Aǧrud (9.–8. Jh. v. Chr.)
Die Bibel berichtet, dass die Vielgötterei neben der Anbetung Jahwes sehr verbreitet war: So war auch Joahas ein König von Israel, der böse war – exakt zu der Zeit als Hasael weite Teile in Israel einnahm.
„Im dreiundzwanzigsten Jahr des Joas, des Sohnes Ahasjas, des Königs von Juda, wurde Joahas, der Sohn Jehus, König über Israel in Samaria, [und er regierte] 17 Jahre lang. Und er tat, was böse war in den Augen des HERRN, und wandelte in den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, der Israel zur Sünde verführt hatte, und ließ nicht ab davon. Deswegen entbrannte der Zorn des HERRN über Israel, und er gab sie in die Hand Hasaels, des Königs von Aram, und in die Hand Benhadads, des Sohnes Hasaels, die ganze Zeit hindurch. Aber Joahas besänftigte das Angesicht des HERRN, und der HERR erhörte ihn; denn er sah die Bedrängnis Israels, wie der König von Aram sie bedrängte. Und der HERR gab Israel einen Retter, und sie kamen aus der Hand der Aramäer heraus, und die Kinder Israels wohnten in ihren Zelten wie zuvor. Dennoch ließen sie nicht von den Sünden, zu denen das Haus Jerobeams Israel verführt hatte, sondern wandelten darin. Auch blieb das Aschera-Standbild in Samaria stehen. Von dem Kriegsvolk ließ [der HERR] dem Joahas nicht mehr übrig als 50 Reiter, 10 Streitwagen und 10 000 Mann Fußvolk; denn der König von Aram hatte sie vertilgt und sie gemacht wie Staub beim Dreschen.“ (2Kö 13,1-7; SLT)
Im Folgenden sieht man wahrscheinlich einen König (?) mit Lotosblüte auf Gefäßscherben aus Kuntillet Aǧrud, einer Karawanserai in der nördlichen Sinai-Wüste. So ungefähr so kann man sich wahrscheinlich damalige Könige vorstellen.

Abb. König (?) mit Lotosblüte aus Kuntillet Aǧrud (© Z. Meshel et al. 2012)
Pithos A: Die Inschrift aus Kuntillet Aǧrud stammt genau aus dieser Zeit und berichtet von der Vielgötterei. Dort steht: „… Sprich zu Yaheli, und zu Yo‘asa und zu … Ich segne Euch gegenüber Jahwe von Schomron [Samaria] und seiner Aschera.“

Abb. Pithos A zeigt Synkretismus: Jahwe und Aschera (© Ahituv et al.)
Und auf Pithos B heißt es Aschera und Jahwe, von Teman (Südland in Edom oder südlich von Juda gelegen): „Nachricht des ‘Amaryo: sage zu meinem Herrn, Geht es dir gut? Ich segne dich gegenüber Jahwe von Teman und seiner Ashera; möge Er dich segnen und behüten …“
Auch in der Bibel wird ein Bezug dazu hergestellt, dass Jahwe aus Teman kommt (möglicherweise besteht im folgenden Gerichtswort über die Nachbarvölker Israels ein Bezug zu Gottes Erscheinen beim Exodus, ebenfalls aus südlicher Richtung in 5Mo 33,2): „Gott kommt von Teman her und der Heilige vom Berg Paran. (Sela) Seine Pracht bedeckt den Himmel, und die Erde ist voll von seinem Ruhm.“ (Hab 3,3; SLT)
Beamte und Könige aus Israel und Juda archäologisch belegt (8. Jh. v. Chr.)
Seit 1904 ist das Amtssiegel Schemas, Minister des Königs Jerobeams (790–749 v. Chr.) aus Megiddo (Str. VA–IVB) bekannt. Dort heißt es: „Gehört dem Šem‛a, dem Minister Jerobeams“. Peter van der Veen hat die Fundumstände dieses Siegels intensiv untersucht. Jerobeam könnte theoretisch Jerobeam I. (10. Jh. v. Chr.) meinen, wie einige behauptet haben, aber die Darstellung des Löwens ist typisch für das 8. und 7. Jh. v. Chr. Auch die Form der Buchstaben und zwei weitere kleine Bildnisse auf dem Siegel sind typisch für das 8. Jh. Auch die Keramik im Fundkontext bestätigt dieses Datum. Damit handelt es sich um Jerobeam II., der ein Zeitgenosse des Propheten Amos war.
„Worte des Amos, der unter den Hirten von Tekoa war, die er über Israel geschaut hat in den Tagen Ussijas, des Königs von Juda, und in den Tagen Jerobeams, des Sohnes Joas’, des Königs von Israel, zwei Jahre vor dem Erdbeben.“ (Am 1,1; SLT)
Übrigens kommentiert MacArthur in seiner Studienbibel zu diesem Erdbeben: „Es wird bei Sacharja erwähnt (14,5); Josephus (Altertümer, IX,10,4) bringt es mit Ussijas Sünde in Verbindung, als er sich widerrechtlich der priesterlichen Rolle bemächtigte (2Chr 26,16-23). Ein Erdbeben von großen Ausmaßen ereignete sich ca. 760 v.Chr.“

Abb. Amtssiegel Schemas (© G. Schumacher/P. van der Veen, ABA)
Auch der eben genannte Ussija von Juda wird erwähnt – und zwar auf dem Doppelseitigen Amtssiegel Schebanjos (788–736 v. Chr.; aus dem Handel, 19. Jh.): „Gehört dem Šebenjo, dem Minister ‛Uzijo (=Ussijahu)“. Obwohl das Siegel im 19. Jh. gekauft und seitdem im Louvre Museum ausgestellt wird, gibt es laut Peter van der Veen keinen Zweifel, dass es sich um ein authentisches Siegel handelt.

Abb. Doppelseitiges Amtssiegel Schebanjos (© N. Kraybill, B. Sass, ABA)
Weitere Amtssiegel aus Israel und Juda aus der Privatsammlung von S. Moussaieff
Das Amtssiegel des ‘Obadjo (732–722 v. Chr., aus dem Handel) ist ebenfalls authentisch: „Gehört dem Obadjo, dem Minister des [Königs] Hoše‛a [von Israel]“.
Interessant ist auch der ägyptisierender Stil, wie die geflügelte Sonnenscheibe unten (vgl. Elberfelder Bibel mit Erklärungen 2016, 626), da Hosea ein Bündnis mit Ägypten eingegangen war, das letztlich zum Untergang des Nordreiches führte (vgl. auch : „Als aber der König von Assyrien erfuhr, dass Hosea eine Verschwörung gemacht und Boten zu So gesandt hatte, dem König von Ägypten, und dem König von Assyrien nicht wie alle Jahre Tribut gezahlt hatte, da nahm er ihn fest und legte ihn gebunden ins Gefängnis. Und der König von Assyrien durchzog das ganze Land und kam vor Samaria und belagerte es drei Jahre lang. Im neunten Jahr Hoseas eroberte der König von Assyrien Samaria und führte Israel gefangen nach Assyrien; und er siedelte sie in Halach und am Habor, dem Fluss Gosans, und in den Städten der Meder an.“ (2Kö 17,4-6; SLT)
Hosea war somit der letzte König über das Nordreich, das Siegel muss also kurz vor der Eroberung Samarias durch die Assyrer im Jahr 722 v. Chr. gefertigt worden sein: „Es geschah aber im vierten Jahr des Königs Hiskia — das war das siebte Jahr Hoseas, des Sohnes Elas, des Königs von Israel —, da zog Salmanassar, der König von Assyrien, gegen Samaria herauf und belagerte es. Und er eroberte es nach drei Jahren; im sechsten Jahr Hiskias — das ist das neunte Jahr Hoseas, des Königs von Israel — wurde Samaria eingenommen.“ (2Kö 18,9-10; SLT)

Abb. Siegelring mit Halterung des ‘Obadjo, dem Minister Hoseas (© R. Wiskin, ABA)
Es wurde auch eine Tonbulle, also der Abdruck eines Privatsiegels in Ton, des Königs Ahas (742–726 v. Chr.) gefunden, das auf der Rückseite Papyrusfasern aufweist. Auch ein Fingerabdruck ist auf der Tonbulle erhalten – vielleicht von König Ahas selbst? Auf der Tonbulle steht: „Gehört dem Aḥas, (dem Sohn des) Jotam, König von Juda“.
Hier sind gleich zwei Könige Judas erwähnt, die so auch in der Bibel vorkommen: „Im siebzehnten Jahr Pekachs, des Sohnes Remaljas, wurde Ahas König, der Sohn Jotams, des Königs in Juda. Ahas war 20 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte 16 Jahre lang in Jerusalem. Und er tat nicht, was recht war in den Augen des HERRN, seines Gottes, wie sein Vater David.“ (2Kö 16,1-2; SLT)

Abb. Tonbulle des Königs Ahas (© R. Wiskin, ABA)
Es sind schon länger Tonbullen des berühmten Königs Hiskia bekannt, der wiederum der Sohn des Ahas war. Hier die Tonbulle des Königs Hiskia (726–698 v. Chr.) mit folgender Inschrift abgebildet: „Gehört dem Ḥisqijahu, (dem Sohn des) Aḥas, König von Juda.“
Über Hiskia heißt es in der Bibel: „Im dritten Jahr Hoseas, des Sohnes Elas, des Königs von Israel, wurde Hiskia König, der Sohn des Ahas, des Königs von Juda. Mit 25 Jahren wurde er König, und er regierte 29 Jahre lang in Jerusalem. (…) Und er tat, was recht war in den Augen des HERRN, ganz wie es sein Vater David getan hatte. Er schaffte die Höhen ab und zerbrach die Steinmale und hieb die Aschera-Standbilder um (…). Er vertraute dem HERRN, dem Gott Israels, sodass unter allen Königen von Juda keiner seinesgleichen war, weder nach ihm noch vor ihm.“ (2Kö 18,1-5; SLT)

Abb. Tonbulle des Königs Hiskia aus der Sammlung S. Moussaieffs. Vom Antikenmarkt. (© R. Wiskin, ABA)
Auch diese Tonbulle stammt von Hiskia: „Hiskijahus, dem Sohn des Ahas, König von Juda“ . Im Gegensatz zu den vorherigen Tonbullen vom Antikmarkt wurde diese Bulle auf dem Ophel in Jerusalem geborgen (legale Grabungen von Ellat Mazar 2010–2012). Das bedeutet, dass auch die anderen Tonbullen echte Stücke sind. Während die obere Tonbulle aus der Sammlung von S. Moussaieff einen geflügelten Käfer aufweist, zeigt diese Tonbulle eine von Lebenszeichen flankierte Flügelsonne. Mehrere Tonbullen mit demselben Abdruck stammen vom Antikenmarkt.

Abb. Tonbulle Hiskijahus vom Ophel (© E. Mazar, ABA)
Siegel von Jesaja aus dem Palastareal von Jerusalem?
Nicht weit entfernt (1,5 Meter daneben) von der eben genannten Tonbulle im Palastareal Jerusalems wurde neben anderen Tonbullen auch eine zerbrochene Tonbulle gefunden, auf dem der Name Jesaja(hu) steht: „Gehört dem Jeschacjah[u], Nabi[’]“. Nun ist die Frage, ob Nabi hier als Name (z. B. seines Vaters), Ort oder Beruf zu verstehen ist. Der Name des Vaters vom Propheten Jesajas lautete allerdings Amoz, dann wäre dieser hier wahrscheinlich nicht gemeint (Jes 1,1). Nabi könnte aber auch das Wort „Prophet“ heißen – eine Bezeichnung, die sich genau so auch in Jes 37,2 findet: „Und er sandte Eljakim, der über das Haus war, und Schebna, den Schreiber, und die Ältesten der Priester, in Sacktuch gehüllt, zu dem Propheten [hebr. nabi] Jesaja, dem Sohn des Amoz.“ (Jes 37,2; SLT)
Für diese Identifikation spricht auch, dass sich die Tonbulle von Jesaja(hu) in der Nähe der Tonbulle von Hiskia befand – immerhin standen die beiden in engem Kontakt in Jerusalem und beteten sogar gemeinsam (2Chr 32,20; Jes 37,5ff; 39,3ff; 2Kö 20,14ff): „Und der König Jehiskia und Jesaja, der Sohn des Amoz, der Prophet, beteten deswegen und schrien zum Himmel.“ (2Chr 32,20; SLT)

Abb. Tonbulle des Jesajahu. (© E. Mazar, ABA)
Handelt es sich wirklich um ein Siegel von Jesaja (oder dessen Schreiber)? Man hat dann argumentiert, dass man einen Artikel (hebr. ha) bei der Berufsbezeichnung erwarten würde, also „der Prophet“ (wie in der eben genannten Bibelstelle 2Chr 32,20). Allerdings ist dies nicht unbedingt notwendig. Im Folgenden sieht man eine Tonbulle des Bürgermeisters von Jerusalem, bei welcher der Artikel ebenfalls fehlt. Zudem fehlt der Artikel auch vor dem Titel Bürgermeister auf einem Ostrakon aus Kuntillet Aǧrud aus dem 8. Jh. v. Chr. Es kann gut sein, dass der Artikel nicht immer geschrieben werden musste, und wenn das der Fall ist, handelt es sich bei der vorherigen Tonbulle vermutlich um die des Propheten Jesajas.

Abb. Tonbulle des Bürgermeisters von Jerusalem. (© Wexler-Bdolah, ABA)
4. Das Südreich Juda vor dem Exil (Mitte 8.–Anfang 6. Jh. v. Chr.)
Die Belagerung Jerusalems durch die Assyrer (701 v. Chr.)
Im Jahr 701 v. Chr. lässt Hiskia, wohl in Vorbereitung auf Krieg und Belagerung durch die Assyrer unter Sanherib das Wassersystem in Jerusalem innerhalb der Stadt verlegen, damit man dort Zugang zu sauberem Trinkwasser hat.
„Und das Übrige der Geschichte Hiskias und seine ganze Macht, und wie er den Teich und die Wasserleitung gemacht und das Wasser in die Stadt geleitet hat, ist das nicht geschrieben im Buch der Chroniken der Könige von Juda?“ (2Kö 20,20; SLT)
Es war eine große Sensation, als man im Jahr 1880 tatsächlich im 518 m langen Wassertunnel des Hiskias eine Inschrift an der Stelle fand, wo sich die beiden Grabungsteams getroffen hatten. Ziel des Tunnels war es, das Wasser von der Gihon-Quelle außerhalb im Osten Jerusalems in den Süden der Stadt in den Teich Siloah (vgl. Neh 3,15 und Joh 9,7ff) zu leiten. Auf der berühmten Inschrift steht: „… das Durchbohren. Dies ist die Geschichte des Durchbohrens. Als noch […] Hacke(n) […] jeder zu seinem Gefährt hin, und als noch drei Ellen zu durchbohren waren, […] die Stimme eines Mannes, der dem anderen zurief, denn da war ein Spalt an der rechten Seite […] Und am Tag des Durchbruchs begegneten sich die Arbeiter, Mann gegen Mann, Hacke gegen Hacke, und das Wasser floss von der Quelle zum Teich, 1200 Ellen weit und 100 Ellen war die Dicke des Gesteins über den Köpfen der Arbeiter.“

Abb. Hiskia-Tunnel (© R. Reich, ABA)

Abb. Tunnelinschrift des Siloah-Tunnels (© Bild der Ir David Foundation, ABA; das Original befindet sich heute im archäologischen Museum von Istanbul)
In der Nähe hat man dann im Jahr 2008 noch Fragmente gefunden: „[Ḥz]qjh[w] .. / [..]kh.b[rkh] ..“ In der Lesung nach R. Reich bedeutet dies: „[Hisk]ia, Teich b … (?)“ Allerdings ist es nicht sicher, ob hier wirklich Hiskia steht.

Abb. Mögliche Hiskia-Inschrift von 2008 © R. Reich, ABA
Grabinschriften aus Silwan von hohen Beamten unter Hiskia und Manasse (726–642 v. Chr.)
Nicht weit entfernt beim Kidrontal vor Jerusalem hat man weitere Inschriften gefunden – und zwar Grabinschriften. Das ist an der Ostseite des arabischen Dorfes Silwan. Die heute noch sichtbaren Gräber zeigen, dass dort in der Zeit von Hiskia und Manasse hochrangige Leute bestattet worden sind.
Bei einem Grabeingang in Silwan wird vor dem Öffnen des Grabes gewarnt:
„[’]X?r …
’rr = Verflucht! oder
gbr = Grab“

Abb. Grabeingang in Silwan (© ABA)
In unmittelbarer Nähe fand sich eine Inschrift eines Haushofmeisters bzw. Palastvorstehers mit dem Gottesnamen „Jahu“ im Namen: „Dies ist [das Grab des …]jahu, des Haushofmeisters. [Hi]er ist kein Silber und kein Gold, [n]ur [seine Gebeine] und die Gebeine Seiner Dienerin mit ihm. Verflucht sei der Mensch, der dies öffnet.“(Grabinschrift in Silwan, nach J. Renz 1995)

Abb. Grabinschrift in Silwan (© British Museum Trustees, ABA)
Auch in der Bibel erfahren wir von Gräbern von hohen Beamten zu dieser Zeit. Jesaja berichtet nämlich von einem Verwalter Schebna aus Jerusalem, der nicht auf Gott hörte, und mehr mit dem Errichten einer pompösen Grabanlage oben an einer Felswand beschäftigt war, als das zu tun, was seine gottgegebene Aufgabe war (wohl als Palastvorsteher, der den Zugang zum König nicht so gewährte, wie es richtig gewesen wäre, vgl. Jes 22,15+21f): „So hat der Herrscher, der HERR der Heerscharen, gesprochen: Geh hinein zu diesem Verwalter, zu Schebna, der über den Palast gesetzt ist [und sprich]: Was hast du hier, und wen hast du hier, dass du dir hier ein Grab aushaust? Du, der sich hoch oben sein Grab aushaut, sich eine Wohnung in den Felsen hineinmeißelt? (…) will dich aus deinem Amt stoßen, und man wird dich von deiner Stellung herabstürzen.“ (Jes 22,15-19; SLT)
Ein Glaubenszeugnis aus Jerusalem aus dem späten 8.–7. Jh. v. Chr.
Es gibt einige Hinweise auf auf strenggläubige Jahwe-Verehrer aus dieser Zeit. So auch ein Ostrakon aus Jerusalem, das wegen der verblassten Tinte aber sehr schwierig zu lesen ist. Nach der wahrscheinlichsten Übersetzung ist es ein Gebet (vorgeschlagene Lesung nach P. Miller, 1980): „PQD JH ’L ḤNN NQH YH JHWH“ – zu Deutsch: „Besuche uns (mit Gnaden) Jah, Gnädiger Gott, Spreche uns frei, Jah, Jahwe.“

Abb. Ostrakon aus Jerusalem, wohl mit Gebet zu Jahwe. (© nach P. Miller)
Ein Glaubenszeugnis aus einer Grabhöhle Ch. Bet Ley (südöstlich von Lachisch), 7. Jh. v. Chr.(?)
Eine Höhleninschrift stammt vermutlich aus der Zeit, als die Judäer vor den Babyloniern geflohen sind. Dort ist ein treues Bekenntnis zu Jahwe lesen: „Jahwe ist der Gott der ganzen Erde; die Berge Judas gehören dem Gott Jerusalems. Die Berge Judas gehören Ihm, ja dem Gott Jerusalems.“ (Übersetzung F. M. Cross)

Abb. Höhleninschrift. (nach יעל י, CC BY-SA 3.0, Wikipedia Commons, Israel Museum)

Abb. Transkription der Höhleninschrift. (© J. Chadwick)
Papyri aus der judäischen Wüste: 7. Jh. v. Chr.
In den letzten Jahren wurden insgesamt hunderte Tonbullen gefunden. Darauf sind auch Namen lesbar, die wir aus der Bibel kennen. Die Rückseiten enthalten oft Abdrücke von Papyrusfasern. Außerdem haben wir auch wenige beschriftete Papyrusfragmente aus der vorexilischen Zeit. Die Lesung ist nicht immer klar.
Eine mögliche Übersetzung (nach S. Ahituv) eines Papyrus über die Steuerzahlung für den König aus Jerusalem lautet: „(…) von des Königs Magd. Aus Ma‘arata, Zwei Weinkrüge für Jerusalem …“
Es ist also eindeutig, dass man in Israel auch vor dem Exil auf Papyrus geschrieben hat. Daher ist es plausibel, dass auch die vorexilischen Bibeltexte auf Paprus-Buchrollen geschrieben waren.

Abb. Papyrus über die Steuerzahlung für den König aus Maʻarata (© S. Ahituv, ABA)
Personennamen von Beamten (?) aus Höhle 1 in der Davidstadt, Mitte bis spätes 7. Jh. v. Chr.
In Höhle 1 aus der Davidstadt (mittleres bis spätes 7. Jh. v. Chr.) wurde eine Kruginschrift gefunden, die möglicherweise einem Beamten mit dem Namen Elijahu gehörte: „l’ljhw (gehört dem Elijahu)“.

Abb. Krug mit Elijahu-Inschrift (© IAA / ABA)
Dort fand sich auch eine Gefäßscherbe mit einer Inschrift. Peter van der Veen, der die Scherbe in Israel genau untersucht hat, will hier den Namen Schaphan erkennen: „špn (Shaphan / Zaphan)“.
Der recht seltene Name Schaphan („Klippendachs“) taucht in der Bibel gegen Mitte des 7. Jahrhunderts unter König Josia auf – er war wesentlich bei der Wiederentdeckung des „Buches des Gesetzes“ (wohl der Thora) beteiligt: „Und im achtzehnten Jahr [der Regierung] des Königs Josia sandte der König den Schaphan, den Sohn Azaljas, des Sohnes Meschullams, den Schreiber, in das Haus des HERRN und sprach: Geh hinauf zu Hilkija, dem Hohenpriester! Er soll das Geld bereitstellen, das zum Haus des HERRN gebracht worden ist, das die Hüter der Schwelle vom Volk gesammelt haben, damit man es den Werkmeistern gebe, die am Haus des HERRN die Arbeit beaufsichtigen; diese sollen es den Arbeitern am Haus des HERRN geben, damit sie die Schäden am Haus ausbessern; (…) Und Hilkija, der Hohepriester, sprach zu Schaphan, dem Schreiber: Ich habe das Buch des Gesetzes im Haus des HERRN gefunden! Und Hilkija übergab Schaphan das Buch, und er las es. Und Schaphan, der Schreiber, kam zum König und brachte dem König Bericht und sprach: Deine Knechte haben das Geld ausgeschüttet, das im Haus vorhanden war, und haben es den Werkmeistern gegeben, die am Haus des HERRN die Arbeit beaufsichtigen. Dann berichtete Schaphan, der Schreiber, dem König und sprach: Der Priester Hilkija hat mir ein Buch gegeben! Und Schaphan las es vor dem König. Und es geschah, als der König die Worte des Buches des Gesetzes hörte, da zerriss er seine Kleider.“ (2Kö 22,3-11; SLT)

Abb. Gefäßscherbe: Shaphan (© IAA / ABA)
Der älteste Bibelfund als Silberamulette aus Ketef Hinnom (Jerusalem), spätes 7.–6. Jh. v. Chr.
Eine der größten Entdeckungen der biblischen Archäologie stellen die beiden seit 1979 bekannten zusammengerollten Silberamulette aus dem Tal Ketef Hinnom bei Jerusalem (neben der heutigen St. Andreas-Kirche) dar, die aus einer zerstörten Grabanlage stammen. Sie enthalten den Aaronitischen Segen aus 4Mo 6,24-26 und stellen den ältesten bekannten Bibeltext dar.
Der Bibeltext in der heutigen Schlachter-2000-Übersetzung lautet (vgl. mit der Übersetzung unten in der Abb.: links ab Zeile 14): „Der HERR segne dich und behüte dich! Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig! Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!“ (4Mo 6,24-26)
Silberstreifen 1 (übersetzt nach Renz & Röllig 2016, 452–454): „Yehô [..] [..] [..] (?) der [li]ebet [..] (?) und [die] Gnade (?) dem, der [ihn] lieb[t], (?) [und] denen, die bewahren [..] [..] [..] (?) die Ewigkeit [.] [..] [..] [..] (?) von allem [.] [.] und (?) vom Bösen [..] hat er erlöst. Ist Jahwe denn (?) ein [Men]sch, der schlummert, oder [..]? Es segne dich Jahwe [und] behüte dich; [es lasse] Jahwe leuchten [sein An]ge[sicht über dir][und sei dir gnädig].“
Laut der hebräischen Rekonstruktion bei Na‘aman (2011, 192) hat der Beginn von Silberstreifen 1 „eine exakte Parallele“ zu 5Mo 7,9: „So erkenne nun, dass der HERR, dein Gott, der wahre Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Gnade denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote bewahren, auf tausend Generationen“. (SLT)
Silberstreifen 2 (übersetzt nach Renz & Röllig 2016, 454–456): [..] (?) geseg[net] [..]yāhû [..]yāh[û] [.. das] (?) Böse] [..] [..] Es segne dich Jahwe und [be]hüte dich. Es lasse leuchten Jah[we] sein Angesicht [über] dir und setze dir Friede[n ..] …“
Renz & Röllig (2016, 447) kommentieren: „Überhaupt ist die vollständige orthografische Übereinstimmung der Inschriften mit 𝕸 [Masoretischer Text: die hebräischen Manuskripte des Mittelalters, auf denen auch deutsche Bibelübersetzungen basieren] auffällig […]“.
Peter van der Veen kommentiert: Laut bibelkritischen Überlegungen stammt dieser Text aus der rein hypothetischen Quelle des Priestercodex, der erst nach dem Exil entstanden sein soll. Auch wenn die Datierung umstritten ist, scheint hier bereits ein Text aus dem sogenannten Priestercodex vorzuliegen.
Allerdings ist die Datierung der Silberamulette durchaus umstritten. Laut Renz & Röllig (2016, 447) sprechen Architektur und Keramik des Grabes für Ende des 7.–6. Jh. Die meisten Objekte (wenn auch mehrheitlich immer noch nicht publiziert laut Na’aman 2011, 185) sind aber aus Zeit des Exils, was für eine Datierung ins 6. Jahrhundert aus archäologischer Sicht spricht. Aufgrund der Gemeinsamkeiten mit vor- und nachexilischen Buchstabenformen, die Renz & Röllig (2016, 447ff) detailliert diskutieren, schlussfolgern die Autoren: „Eine Datierung in die frühe nachexilische Zeit könnte möglich sein, eine spätere Datierung, bes. die beiden vorchristlichen Jhdte., ist aber nicht auszuschließen“ (S. 450).
Na’aman (2011, 184–188, https://www.academia.edu/11658920) fasst bisherige Datierungsvorschläge der Silberamulette zusammen: „Barkay (1992: 169–174) datierte die Tafeln aufgrund der paläographischen Belege ursprünglich in die zweite Hälfte des siebten Jahrhunderts v. Chr., während Yardeni (1991: 180) sie in das frühe sechste Jahrhundert v. Chr. datierte. Die meisten Wissenschaftler, die sich mit den Tafeln beschäftigten, akzeptierten entweder die Datierung in die Mitte des siebten oder in das späte siebte und frühe sechste Jahrhundert (siehe Literatur in Berlejung 2008a: 211, Nr. 41–42). Cross (2003: 23*, Nr. 23) datierte die Tafeln in das späte sechste Jahrhundert v. Chr., und Renz (1995a: 449–452) datierte sie in die hellenistische Zeit. Das Team datierte die Tafeln auf das siebte bis sechste Jahrhundert v. Chr. (Barkay et al. 2004: 52b). Sie prüften die Argumente von Renz sehr genau und stellten fest, dass nur acht späthellenistische Gefäße in dem Depot ausgegraben wurden, die sich alle in der obersten Schicht befanden (Barkay et al. 2004: 43b). Das Team wies ferner nach, dass keine Buchstabenformen in diesen Inschriften auf ein hellenistisches Datum hindeuten (Barkay et al. 2004: 44-52), und kam zu dem Schluss, dass eine Datierung der Tafeln in diese späte Periode höchst unwahrscheinlich ist. […] Dobbs-Allsopp et al. (2005: 266, 268, 273) stellten fest, dass „die Orthographie die größte Herausforderung für eine vorexilische Datierung dieser Amulette darstellt“. Sie stellten vier Transkriptionen fest, die nicht der Schreibpraxis der vorexilischen Zeit entsprechen, vermieden es aber, aus diesen Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen. […] In zwei neueren Artikeln schlug Berlejung (2008a: 211-212; 2008b: 45-47) eine frühe persische Datierung für die Tafeln vor und betonte, dass Amulette und Stempel aus Silber und Gold im eisenzeitlichen Palästina selten sind und dass kleine Objekte dieser Art nur in der persischen Periode vorkommen. Darüber hinaus erscheinen Textamulette, die auf gerollte Papyrus-, Silber- oder Goldlamellen geschrieben sind, in großer Zahl in der phönizisch-punischen Welt im sechsten bis fünften Jahrhundert v. Chr. (Lemaire 2003; 2007; Berlejung 2008b: 53-56, mit früherer Literatur; 2010: 5-11; Smoak 2010: 427-429). Die Datierung der Herstellung der Silberplaketten in die persische Periode stützt die durch die orthografische Analyse ermittelte Datierung nachdrücklich.“ Schließlich schlussfolgert Na’aman (2011, 188) – entsprechend auch passend zur Mehrheit der von ihm genannten Autoren: „Eine Datierung der Tafeln in das späte sechste oder frühe fünfte Jahrhundert v. Chr. ist vorzuziehen und steht im Einklang mit allen verfügbaren Daten.“
Selbst wenn sie aus dem frühen fünften Jahrhundert stammen würden, wären die Ketef-Hinnom-Silberstreifen damit noch etwa drei Jahrhunderte älter als die ältesten Bibelhandschriftenfunde aus Qumran (und anderen Dead Sea Scrolls).

Abb. Ketef-Hinnom-Silberamulette im Israelmuseum (Bachrach44, CC BY-SA 3.0)

Abb. Silberamulette aus Ketef Hinnom mit Aaronitischem Segen aus 4Mo 6, 24-26. (© Nach O. Keel bzw. Tamar Hayardeni, Attribution)
Tonbullen von Ministern aus der Davidstadt: Freund und Feind des Propheten Jeremia, ca. 605–587 v. Chr.
In der Davidstadt fand sich eine Tonbulle mit der Inschrift: „Gemarjahus, dem Sohn Schafans“.
Dieser Gemarja(hu), der Sohn des Schafans (Schaphans) ist dabei, als König Jojakim die Schriftrolle des Jeremias verbrennt, die Baruch für ihn geschrieben hatte: „Und es geschah im fünften Jahr Jojakims, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, im neunten Monat, dass man die ganze Bevölkerung von Jerusalem und alles Volk, das aus den Städten Judas nach Jerusalem kam, zu einem Fasten vor dem HERRN berief. Da las Baruch aus dem Buch die Reden Jeremias im Haus des HERRN, in der Kammer Gemarjas, des Sohnes Schaphans, des Schreibers, im oberen Vorhof, am Eingang des neuen Tores des Hauses des HERRN, vor den Ohren des ganzen Volkes. Und Michaja, der Sohn Gemarjas, des Sohnes Schaphans, hörte alle Worte des HERRN aus dem Buch, und er ging in das Haus des Königs, in die Kanzlei hinab; und siehe, da saßen alle Fürsten, nämlich Elischama, der Kanzleischreiber, Delaja, der Sohn Schemajas, Elnathan, der Sohn Achbors, Gemarja, der Sohn Schaphans, Zedekia, der Sohn Hananjas, und alle Fürsten. Da verkündigte ihnen Michaja alle Worte, die er gehört hatte, als Baruch vor den Ohren des Volkes aus dem Buch vorlas. Da sandten alle Fürsten Jehudi, den Sohn Netanjas, des Sohnes Schelemjas, des Sohnes Kuschis, zu Baruch und ließen ihm sagen: Nimm die Rolle, aus der du vor den Ohren des Volkes gelesen hast, zur Hand und komm! Da nahm Baruch, der Sohn Nerijas, die Rolle in seine Hand und kam zu ihnen. Und sie sprachen zu ihm: Setze dich doch und lies sie vor unseren Ohren! So las Baruch vor ihren Ohren. Und es geschah, als sie alle Worte gehört hatten, da sahen sie einander erschrocken an und sprachen zu Baruch: Wir müssen dem König alle diese Worte berichten! (…). Doch baten Elnathan, Delaja und Gemarja den König, die Rolle nicht zu verbrennen; aber er hörte nicht auf sie.“ (Jer 36,9-26; SLT)

Abb. Tonbulle Gemarjahus (© Israel Museum, ABA)
Auch Tonbullen von „Gedaljahus, dem Sohn Paschhurs“ und von „Jehokals, dem Sohn Schelemjahus“ wurden dort (in der Nähe des Haus Ahiels) gefunden. Alle fett markierten Namen tauchen spannenderweise in Jesaja 38 auf – es gibt also zu viele Übereinstimmungen, als dass man es auf puren Zufall schieben sollte.
„Da gab der König Zedekia Befehl, und man versetzte Jeremia in den Gefängnishof und gab ihm täglich einen Laib Brot aus der Bäckerstraße, bis alles Brot in der Stadt aufgegessen war. So blieb Jeremia im Gefängnishof. Schephatja aber, der Sohn Mattans, und Gedalja, der Sohn Paschhurs, und Juchal [o. Jukal], der Sohn Schelemjas, und Paschhur, der Sohn Malkijas, hörten die Worte, die Jeremia zu dem ganzen Volk redete“ (Jes 7,21– 8,1; SLT)

Abb. Tonbullen von „Jehokal, dem Sohn Schelemjahus“ (links) und „Gedaljahus, dem Sohn Paschhurs“ (rechts) (© E. Mazar, ABA)
Tonbulle von Baruch, dem Schreiber Jeremias? (7. Jh. v. Chr.)
1975 tauchte auf dem Antikenmarkt eine Tonbulle auf mit der Inschrift: „lbrkjhw bn nrjhw hspr „(Besitz) von Berekhjahu, Sohn des Nerijahu, dem Schreiber“. 1996 wurde eine quasi identische Tonbulle bekannt, die ebenfalls vom Antikmarkt stammt und in Privatbesitz überging (Moussaieff Collection). Sie weist noch einen Fingerabdruck auf, von dem vermutet wurde, dass er von Baruch stammen könnte. Goren & Arie (2014, https://www.researchgate.net/publication/305753694) kamen aber aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass es sich um moderne Fälschungen handelt.
Van der Veen et al. (2016, https://www.academia.edu/33809920/) haben allerdings aufgrund einer Untersuchung der Tonbulle von 1975 entgegnet, dass die Kritik der zuvor genannten Autoren die Echtzeit der Baruch-Bullen zwingend ausschließt (vgl. auch https://genesis-net.de/fachtagung-archaeologie-2005-ein-rueckblick/). Van der Veen et al. (2016, 99) schlussfolgern: „Natürlich beweist das nicht die Echtzeit dieser Bullen. […] Man kann aber sagen, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“

Abb. Die Baruch-Tonbullen (hier diejenige von 1996) sind in ihrer Echtheit umstritten. (© R. Deutsch und P. van der Veen, Reuben Hecht Museum, Haifa)
Viele neue Siegelfunde aus der Davidstadt
Jährlich werden neue Siegel dazu gefunden, weil man vor ca. 20 Jahren angefangen hat, Schutt nass zu sieben. Die kleinen Tonbullen kann man so mit Wasserdruck vom Dreck befreien und bergen. Man könnte noch viel in alten Schutthaufen in Israel finden, aber dann weiß man in der Regel die Ursprungsschicht nicht mehr.
Diese folgenden Tonbullen wurden alle in jüngeren Zeit entdeckt. Die Tonbulle des Netanmelek, dem Minister des Königs, dürfte mit einem gleichnamigen Minister zur Zeit Josias identisch sein: „Und er [Josia] schaffte die Rosse ab, die die Könige von Juda der Sonne geweiht hatten, beim Eingang des Hauses des HERRN, bei der Kammer Netan-Melechs, des Kämmerers, die im Anbau war; und die Wagen der Sonne verbrannte er mit Feuer.“ (2Kö 23,11; SLT)

Abb. Tonbulle von „Natanmelek, dem Diener des Königs“ (© IAA, J. Uziel)
Den auf einer Tonbulle belegten Namen Schebanja(hu) tragen in der Bibel mehrere Leviten (s. 1Chr 15,24; Neh 9,4-5; Neh 10,11+13).

Abb. Grobe Skizze der Inschrift „Sa‘arjahu, dem Sohn Schebanjahus“ (B. Scholl)
Der auf einer Tonbulle belegte Name Mattanja(hu) kommt auch in der Bibel vor, da so der eigentliche Name des Königs Zedekia von Juda lautete: „Und der König von Babel machte Mattanja, Jojachins Onkel, zum König an seiner Stelle, und änderte seinen Namen in Zedekia.“ (2Kö 24,17; SLT)

Abb. Inschrift: „’Akar, dem Sohn Matanjahus“ (© IAA)
Ostrakon Arad 18 mit Inschrift vom Tempel Jahwes? (frühes 6. Jh. v. Chr.)
In Arad wurden eine Reihe Ostraka (Tonscherben) geborgen, die vom beginnenden 6. Jh. v. Chr. (Stratum 7/6) stammen und daher aus der Zeit kurz vor dem Exil. Ostrakon Arad (6):18 berichtet von einer Lieferung, die samt einer nicht genannten Person wohl in den Tempel von Jerusalem (?) gebracht werden soll. Dort heißt es in Übersetzung (in vereinfachter Transliteration der Übersetzung von Renz & Röllig 2016, 383f): „An meinen Herrn Elyaschib: Jahwe sei besorgt um dein Wohlergehen. Und nun: Gib Semaryahu (1) Ephae; und dem Qerositer sollst du (19 Homer geben. Und was die Angelegenheit, die du mir aufgetragen hast, betrifft: Sie ist erledigt: Im Tempel Jahwes wohnt er.“
Auch die das historisch-kritische Seite bibelwissenschaft kommentiert: „Im Ostrakon Arad 18 wird der „Tempel JHWHs“ (bjt jhwh) wohl im Kontext einer Opferangelegenheit erwähnt. Der Tempel in Arad kann wahrscheinlich nicht mehr gemeint sein, da der Brief ans Ende des 7. oder an den Anfang des 6. Jh.s datiert wird (Fritz 1973/74; Weippert 2010, 359 mit Anm. 46). ‚Die Darbringung des Gelübdeopfers erfolgte am Tempel von Jerusalem, der Betroffene mußte somit von Arad nach Jerusalem reisen. Das Ostrakon bietet indirekt eine Bestätigung für die bereits vollzogene Zentralisation des Kultes auf den Tempel von Jerusalem am Ende des 7. Jh.s.‘ (Fritz 1973/74, 140).“ (Kiefer R 2019, https://bibelwissenschaft.de/stichwort/13625/)
Andere wiederum bezweifeln, ob es sich um den Jerusalemer Tempel handelt: „Die einzige authentische Inschrift, die ein ‚byt yhwh‘ erwähnt, ist das Ostracon 18 (Vorderseite, Zeile 9) aus Tel Arad aus der Mitte des 8. Jahrhunderts [zu lesen: 7. Jahrhunderts], aber weder der Kontext noch der Standort dieses Tempels sind bekannt (Aharoni, 1981: 35-38; Ahituv, 2008: 119-122; Dobbs-Allsopp et al., 2005: 37-41)“. (Porzia & Bonnet 2017, https://journals.openedition.org/palethnologie/336).
Briefe aus Lachisch bez. der Bedrohung Judas durch die Babylonier (ca. 588/587 v. Chr.)
Direkt vor der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier (Übergang 7. zu 6. Jh. v. Chr.) finden sich Tonbullen. Man schrieb sich hin und her, wie die Kriegslage war und welche Orte schon erobert waren. Berühmt geworden sind hier die Briefe von Lachisch (Schicht 2) durch die Grabungen von von J. Starkey (1930er Jahre).
Im Lachisch-Brief 6, der eventuell einen Hinweis auf Uneinigkeit am Hof in Jerusalem wegen politischer Lage enthält, heißt es (Auszug): „An meinen Herrn Ja’usch. Es möge Jahwe meinen Herrn diese Zeit in Frieden sehen lassen … Warum tut ihr gerade so in Jerusalem (?), siehe dem König (?) und seinem Haus tut ihr das …“ (Lesung nach J. Renz)
Peter van der Veen hat diesen Text in Jerusalem genau untersucht, und folgert, dass diese Lesung wohl richtig ist. Der Brief sagt somit aus, dass es am Hof in Jerusalem verschiedene Parteien gab: Diejenigen, die sich mit dem König gegen Babylon erhoben, und diejenigen, die sich den Babyloniern beugen wollten, wie Gedalja, der später Statthalter werden sollte. (Vgl. van der Veen 2014 The Final Phase of Iron Age II in Judah, Ammon, and Edom. Münster: Ugarit Verlag)

Abb. Lachisch-Brief 6 (© Israel Museum, ABA)
5. Literaturempfehlung
Die Standardwerke für althebräische Inschriften auf Deutsch sind: „Handbuch der althebräischen Epigrafik Band I–III“ von Johannes Renz und Wolfgang Röllig ist ein Kompendium der eisenzeitlichen Inschriften (Stand 2003; Nachdruck 2016). Trotz vieler Details sind wesentliche Aussagen und vor allem deutsche Übersetzungen der Inschriften auch für interessierte Laien verständlich.
Zu den Erwähnungen biblischer Personen und Ereignisse in mesopotamischen Inschriften aus der Eisenzeit findet sich hier ein populärwissenschaftlicher Überblick: https://genesis-net.de/keilschriftliche-belege/