Uralte „Israel“-Inschrift aus Ägypten

Uralte „Israel“-Inschrift aus Ägypten

2010 und die Biblische Archäologie

Ein Rückblick von Peter van der Veen

Abb. 1: Ägyptisches Relief aus Berlin (Foto: P. van der Veen)

Bald geht ein weiteres Jahr mit einigen Aktivitäten der Arbeitsgruppe für Biblische Archäologie bei Wort und Wissen zu Ende. Rückblickend möchte ich hier von einigen Highlights berichten.

Seit längerer Zeit war geplant gewesen, einen ausführlichen Artikel über einen möglichen früheren Hinweis auf „Israel“ in Kanaan in einer Fachzeitschrift zu publizieren. 2001 hatte nämlich der Münchner Professor Manfred Görg eine ägyptische Statuensockelinschrift veröffentlicht, auf der er eine ältere Schreibung des Namens Israel vermutete. Die Inschrift (vgl. Abb. 1-2), die sich seit 1913 im ägyptischen Museum in Berlin befindet, besitzt drei Namensringe von besiegten Feinden aus dem vorderasiatischen Bereich: Die Stadt Askalon, das Land Kanaan (oder die Stadt Gaza als ägyptisches Tor nach Kanaan) und einen zerstörten Namen J-?-sch3-`l. Görg hatte beim letzten Namen rechts oben Überreste eines Schnabels eines Schmutzgeiers bzw. der Hieroglyphe 3/`aleph erkannt. Zudem deutete er die Hieroglyphe scha in der zentralen Zeile als schar  im Einklang mit einer bekannten Lesart und las somit Ischar-El oder Ischra-El. Seit 2006 haben wir als Arbeitsgruppe ebenfalls diese Inschrift unter die Lupe genommen.

Abb. 2: Rekonstruktion des „Israel-Namenrings“ (Foto: P. van der Veen)

Görgs Lesung konnte dadurch bestätigt werden. Während es sich rechts oben tatsächlich um den Schmutzgeier handelt (Überreste einer Klaue des Vogels konnten zum ersten Mal am Original identifiziert werden) konnten wir anhand zusätzlicher Beispiele die Lesung schar untermauern. Daraus folgte ein langer und teils rechts technischer Artikel, der sich inzwischen in der amerikanischen Ägyptologie-Zeitschrift Journal of Ancient Egyptian Interconnections im Druck befindet (Erscheinungsdatum bis 1. 12. 2010). Dort wird erklärt, wie sich der dritte Namensring durchaus auf das biblische Volk Israel in Kanaan beziehen kann, und zwar in einer Periode, die deutlich früher ist, als bisher von den meisten Wissenschaftlern akzeptiert wurde, d. h. um 1500 v. Chr. (revidiert um 1400 v. Chr.). Kurz vorher war die Stadt Jericho gegen Ende der Mittleren Bronzezeit durch ein Beben und durch eine Feuersbrunst zerstört worden, genauso wie es im Buch Josua beschrieben wird.

Abb. 3: Dr. David Ellis inspiziert eine antike (ägyptische?) Säule beim Garten Grab – Feldstudie 2010 (Foto: J. Bimson)

In August setzten wir unsere Feldstudie in Jerusalem fort (Abb. 3). Dort suchen wir nach Hinweisen auf eine ägyptische Siedlung, die vielleicht mit der ägyptischen Hauptkönigin Salomos zu tun haben könnte. Zudem interessieren uns Überreste aus der späten Königszeit, die es dort ebenfalls gibt. Beide Bereiche helfen uns weiter bei unseren chronologischen Forschungen. Obwohl es uns auch dieses Mal nicht gelang, einen definierbaren Kontext für die ägyptischen Funde zu finden, hatten wir dennoch die Gelegenheit, uns einen besseren Einblick in die archäologische Geschichte des Geländes zu verschaffen. Neben Scherben und Kleinfunden aus späterer (römischer und byzantinischer) Zeit fanden wir Gegenstände aus der Königszeit.

Abschließend sei noch die diesjährige Fachtagung Biblische Archäologie erwähnt, die vom 1.-3. Oktober in Schwäbisch Gmünd stattfand und mit ca. 150 Teilnehmern wieder gut besucht war. Das Thema „Auszug und Landnahme“ wurde kontrovers diskutiert. Da in den meisten Vorträgen von der Bibel als Gottes Wort ausgegangen wurde, wurden viele Argumente für die Zuverlässigkeit der Bibel vorgetragen, z. B. die Identifikation mehrerer Orte im Buch Exodus in ägyptischen Quellen des Neuen Reiches und auch des Schilfmeers, dessen Umrisse heute anhand von Satellitenbildern östlich des ägyptischen Deltas – tatsächlich in der Wüste! – noch sichtbar sind.

Ursprünglicher Artikel: https://www.wort-und-wissen.org/info/4-10/