Wer waren die „Habiru“?
Ein reichlich 20 Zentimeter hoher, mit Keilschrift bedeckter, prismatischer Block wird gegenwärtig von dem renommierten italienischen Altertumsforscher Mirjo SALVINI ausgewertet. Der Block befindet sich in Privatbesitz. Auch wenn die Fundumstände nicht mehr rekonstruierbar sind, scheint die Authentizität des Objektes außer Zweifel zu stehen. Den Block ließ irgendwann in der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends ein König Tunip-Teschup anfertigen. Er war Herrscher über ein geheimnisvolles Königreich Tikunani, nahe der heutigen syrisch-türkischen Grenze zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris. Die Inschrift enthält eine Liste mit den Namen von 438 Dienern Tunip-Teschups. Alle werden als „Habiru“ identifiziert, eine Bezeichnung, die auch aus anderen antiken Quellen, v.a. den berühmten el-Amarna-Briefen bekannt ist. Etliche Namen sind semitisch, andere hurritisch, wieder andere von unbekanntem Ursprung. SALVINI schlußfolgert daraus, daß „Habiru“ keine ethnische Bezeichnung, sondern eher eine Bezeichnung für bestimmte Gruppen etwa von Söldnern oder zivilen Bediensteten oder Freischärlern war. Die Frage ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der immer wieder beschriebenen Ähnlichkeit zwischen den „Habiru“ der el-Amarna-Briefe und den biblischen „Ibrim“ (Hebräern) zur Zeit Sauls und Davids interessant. Wie die „Habiru“ waren auch die „Ibrim“ zeitweise Freischärler (vgl. etwa die 600 Mann um David, als er vor Saul fliehen mußte), wie diese traten auch sie zuweilen in den Dienst fremder Herrscher (so David als Vasall des Philisterfürsten von Gat). Verschiedene Forscher nehmen an, daß der Name „Ibrim“ erst in späterer Zeit zu einer ethnischen Bezeichnung des Volkes Israel wurde. SALVINI hat eine gründliche Analyse der Namen auf dem Block angekündigt. Die Untersuchung der Personennamen ist besonders wichtig für das Verständnis mancher Namen biblischer Gestalten, wo die Bedeutung noch umstritten ist.
[Tunip Tessup of Tikunani. A 3,500-year-old cunei-form inscription from a Syrian kingdom may teil us who the Habiru were. Biblical Archaeology Review 22 (1996), 6, 22] UZ
Ursprünglicher Artikel: https://si-journal.wort-und-wissen.org/sij/article/view/4065